Datenschutz setzt Grenzen

OLG verbietet OTC-Verkauf über Amazon

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Berlin -

Apotheker dürfen keine OTC-Arzneimittel über die Handelsplattform Amazon verkaufen, wenn der Kunde nicht vorab der Speicherung und Verarbeitung seiner Daten zugestimmt hat. Das hat das Oberlandesgericht in zwei Verfahren entschieden. Apotheker Dr. Hermann Vogel jr. hatte gegen die Angebote zweier Kollegen geklagt. Beide Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.

Bei Amazon hat Apotheker Holger Neubert mit seiner Bodfeld-Apotheke als Marktplatz-Verkäufer einen eigenen Händlershop. Sein Münchener Kollege Vogel hatte dagegen datenschutzrechtliche Bedenken – man traf sich vor Gericht. Doch das Landgericht Magdeburg hatte im Januar entschieden, dass es sich beim Vertrieb über Amazon um eine ganz normale Spielart des Versandhandels handelt.

In einem anderen Verfahren hatte Vogel jr. Erfolg: Das Landgericht Dessau/Roßlau erklärte den Vertrieb über die Handelsplattform für unzulässig, sofern der Kunde nicht ausdrücklich eingewilligt hat, dass der Konzern seine sensiblen Daten erhält. In diesem Fall hatte Apotheker Michael Spiegel (Linden-Apotheke in Gräfenhainichen) mit dem Verkäuferprofil „Aposparer“ unter anderem apothekenpflichtige Medikamente über Amazon angeboten. Die Bestelldaten der Kunden wurden von Amazon an die Apotheke weitergeleitet.

Das OLG Naumburg hat nun laut Vogels Anwalt Dr. Markus Bahmann in beiden Verfahren zugunsten seines Mandanten entschieden. In zweiter Instanz wurde das Urteil des LG Dessau bestätigt, die Entscheidung des LG Magdeburg aufgehoben und Apotheker Neubert verurteilt. Allerdings hätten die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung unisono angekündigt, die Sache bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) zu bringen, berichtet der Rechtsanwalt. Das OLG hat auch in beiden Verfahren Revision zugelassen. Zunächst müssen allerdings die Urteilsgründe zugestellt werden.

Die Argumentation des OLG ist daher noch nicht bekannt. Verworfen wurde jedenfalls die Position des LG Magdeburg, wonach der Verkauf von OTC-Medikamenten über Amazon nicht gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt. Die Richter hatten sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2012 bezogen, wonach grundsätzlich der Internetversandhandel mit rezeptfreien Medikamenten erlaubt sei. „Wenn aber grundsätzlich ‚Internetapotheken‘ erlaubt sind, dann darf ein Apotheker auch als Vertriebsweg den über eine Handelsplattform – wie amazon.de – wählen“, so das LG Magdeburg.

Das Landgericht Dessau/Roßlau hatte auf der anderen Seite so argumentiert: Apotheker unterliegen qua Beruf der Geheimhaltung. Wegen dieser auch im BDSG geregelten Pflicht sind sie andererseits berechtigt, ohne gesonderte Einwilligung sensitive Daten der Kunden zu erheben und zu verarbeiten. Dies gilt laut Urteil aber nicht, wenn der Kunde seine Daten „beim Bestell- und Auswahlvorgang bei Amazon angeben muss“. Denn der Handelskonzern unterliege nicht den besonderen Geheimhaltungsregelungen nach dem BDSG.

Aus Vogels Sicht bedeutet der Verkauf von OTC-Präparaten über Amazon auch eine Umgehung der Apothekenpflicht. Er machte vor Gericht einen Verstoß gegen die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geltend, die den Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel in der Freiwahl verbietet. Das „Schaufenster“ bei Amazon sei im Grunde nichts anderes, so das Argument. So hatte das Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) den Verkauf von Aspirin jenseits des HV-Tischs untersagt. Begründung: Der Kunde habe seine Kaufentscheidung dann schon vor einer möglichen Beratung gefällt.

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