Ministerium soll 2,4 Millionen Euro nachzahlen

Masken-Streit: Landgericht lässt BMG schlecht dastehen

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Berlin -

Im Streit um die Maskenbeschaffung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit dutzenden Lieferanten hat das BMG eine Niederlage eingefahren: Das Landgericht Bonn hat es zur Zahlung von mehr als 2,4 Millionen Euro an einen Lieferanten verurteilt. Aus der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung geht hervor, wie das BMG im Frühjahr 2020 nachträglich Kriterien angepasst und einen gänzlich neuen Prüfstandard erfunden hat.

Es musste schnell gehen im Frühjahr 2020: Die Coronapandemie hatte hierzulande gerade Fahrt aufgenommen und es wurden Millionen von Atemschutzmasken benötigt. Das BMG setzte deshalb Ende März auf ein Open-House-Verfahren, dem Lieferanten zum Fixpreis von 4,50 Euro netto pro Maske. Hunderte Lieferanten meldeten sich und lieferten, aus ihrer Sicht, nach den Vorgaben des BMG: „Atemschutzgerät ‚N95‘ gemäß FDA Klasse II (…) oder ‚FFP2‘ gemäß EN 149 Verordnung 2016/425 Kategorie III oder gleichwertige Normen, auch KN95 (CHN)“.

Das nun mit dem BMG vor Gericht stehende Unternehmen hatte die Lieferung einer halben Million Masken zum Preis von 2,7 Millionen Euro angeboten und erhielt den entsprechenden Zuschlag am 10. April. Doch das BMG überwies lediglich 257.000 Euro. Grund: Die Masken seien mangelhaft. Das Prüfverfahren, mit dem das BMG ein externes Unternehmen beauftragt hatte, kam jedoch gar nicht in der Ausschreibung vor: Denn die Zentralstelle der Länder (ZLS) hatte das von der europäischen Norm EN 149 vorgesehene Prüfverfahren angepasst und den neuen „Prüfgrundsatz für Corona SARS-Cov-2 Pandemie Atemschutzmasken“ (CPA) eingeführt. Das BMG wiederum hatte diesen neuen Prüfgrundsatz in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) noch einmal modifiziert.

Diese Prüfung hatten die gelieferten Masken nicht bestanden. Mitte Juni informierte das BMG den Lieferanten über die behauptete Mangelhaftigkeit eines großen Teils der Lieferung und erklärte deshalb den Rücktritt vom Vertrag. Das wollte der Lieferant so nicht akzeptieren: „Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten vorgelegten Prüfprotokolle seien nicht geeignet, im Urkundsverfahren den Nachweis der Mangelhaftigkeit der Masken zu erbringen“, so das Gericht. „Sie ist ferner der Ansicht, für den Fall, dass man einen Mangel unterstelle, dass die Ware wegen Verletzung der gesetzlichen (…) und vertraglichen (…) Rügeobliegenheit als mangelfrei gelte, weil die Beklagte die bereits Mitte Mai von den Prüfern festgestellten angeblichen Mangel erst im Mitte Juni gerügt habe.“

Zudem scheitere ein Anspruch daran, dass das BMG dem Lieferanten vor dem Rücktritt keine Nachfrist gesetzt habe, obwohl es hierzu laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) verpflichtet gewesen sei. Es läge insbesondere weder ein absolutes noch ein relatives Fixgeschäft vor. Das BMG widersprach: Es habe sich um ein relatives Fixgeschäft gehandelt und es hätten besondere Umstände vorgelegen, deshalb sei eine Nachfrist entbehrlich gewesen.

BMG kann nicht nachweisen, dass es die richtigen Masken geprüft hat

Doch das Landgericht konnte das Ministerium damit nicht überzeugen. Es verurteilte das BMG zur Nachzahlung von 2,42 Millionen Euro. Zwar hatte das BMG nämlich per E-Mail darüber informiert, dass es vom Vertrag zurücktreten will, weil die Masken mangelhaft seien. „Allerdings ist in dem hier statthaften Urkundenprozess der insoweit beweisbelasteten Beklagten der Beweis des Vorliegens der Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht gelungen“, so die Richter. „Es fehlt bereits an dem Nachweis durch Urkunden, dass die von der Klägerin gelieferten Schutzmasken mangelhaft (…) sind.“

Und das gilt nicht nur wegen des vorab nicht vereinbarten Prüfgrundsatzes – sondern auch, weil das BMG nicht einmal nachweisen konnte, dass die angeblich mangelhaften Masken jene des klagenden Lieferanten sind. Das bestreitet der nämlich und das BMG konnte das Gegenteil nicht belegen. „Denn die von der Beklagten für die Mangelhaftigkeit der Schutzmasken angeführten Prüfberichte sind nicht geeignet, zu beweisen, dass tatsächlich und ausschließlich die von der Klägerin angelieferten Schutzmasken dieser Prüfung zu Grunde lagen“, heißt es im Vorbehaltsurteil. „So führen die Prüfberichte bereits nicht die Klägerin als Lieferantin auf.“

Und selbst wenn es die richtigen Masken und das richtige Verfahren angewandt worden wäre: Nach Auffassung der Kammer seien die Prüfberichte des vom BMG beauftragten Unternehmens nämlich ohnehin eher „mit einem Privatgutachten zu vergleichen“ und „können auch nicht als unparteiliches Prüfgutachten zu der Frage der Mangelhaftigkeit der streitgegenständlichen Schutzmasken bewertet werden“. Deshalb bedürfe es zur Klärung der Frage der Mangelhaftigkeit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen. Dessen Gutachten dürfte noch vorgelegt werden, denn das Verfahren geht weiter. Wie das Gericht auf Anfrage bestätigt, geht es demnächst in die Beweisaufnahme. Einen Termin konnte es noch nicht nennen.

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