Krankenversicherung

Opposition kritisiert Bahrs „Lobbypolitik“

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Berlin -

SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach wirft Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) „Klientelpolitik in Reinkultur“ vor. Dieser hatte vorgeschlagen, die private Krankenversicherung (PKV) für alle Bürger zu öffnen. Lauterbach bezeichnete den Vorstoß als „Wahlgeschenk an die private Krankenversicherung zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger“. Auch Die Linke läuft Sturm, verhaltener Applaus kommt von den Ärzten.

Die PKV sei schon jetzt für Versicherte mit höheren Einkommen oft nicht mehr bezahlbar, so der SPD-Schattengesundheitsminister. „Für Geringverdiener und mittlere Einkommen wäre sie ein großes Armutsrisiko und oft wäre die Prämie im Alter höher als die gesamte Rente.“ Lauterbach befürchtet, das Einkommensschwache der Risikoselektion und der Vorkasse ausgesetzt würden. Im Notfall müsse dann der Steuerzahler einspringen.

Auch die pflegepolitische Sprecherin der SPD, Hilde Mattheis, findet Bahrs Vorschlag unsozial: „Wird die Versicherungspflichtgrenze gekippt, bedeutet das, dass die privaten Krankenkassen noch mehr gesunde Menschen aufnehmen können. Währenddessen müssen die gesetzlichen Kassen alle Kosten für diejenigen tragen, die die privaten Versicherer wegen zu hoher Gesundheitskosten ablehnen.“

Beide nutzten die Gelegenheit, um für das eigene politische Konzept zu werben: „Was die Menschen statt dessen brauchen, ist die solidarische Bürgerversicherung, die für alle bezahlbar ist“, sagte Lauterbach.

Mattheis zufolge zeigen sich bereits heute die negativen Folgen des „unsolidarischen privaten Versicherungssystems“. Bei vielen Menschen stiegen im Alter Versicherungsbeiträge extrem an. „Das System der privaten Krankenversicherung hat ausgedient. Daniel Bahr darf nicht weiter Politik für seine Klientel betreiben“, so Mattheis.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Dr. Martina Bunge, bezeichnete die Bahrs Äußerungen als „schlechter Wein in neuen Schläuchen“. Auch sie vermutet dahinter „Klientelpolitik für die Geldinteressen der PKV und privat abrechnende Ärzte“.

„Schon 2009 wollte die FDP kurz vor der Wahl die Gesetzliche Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen und ihren Freunden bei der Privaten Krankenversicherung endlich ordentliche Renditen bescheren“, so Bunge.

Unterstützung erhält der Minister dagegen aus dem Lager der Ärzte: Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, begrüßte Bahrs Vorschläge grundsätzlich. „Wir finden es gut und wichtig, dass sich der Minister der Frage stellt, wie unser Krankenversicherungssystem liberal und gleichzeitig leistungsfähig gestaltet werden kann. Dass derartige Systemveränderungen mit Augenmaß in Angriff genommen werden und in ihren Konsequenzen bis in die Details vernünftig abgeschätzt werden müssen, ist sicher allen Beteiligten klar“, so Reinhardt.

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