Kommentar

Bahr schmunzelt zum Abschied

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Berlin -

Was tut man eigentlich als letztes, wenn man als Abgeordneter aus dem Bundestag fliegt? Man räumt seinen Schreibtisch und verabschiedet sich von seinen Fans. Daniel Bahr beendete seine Karriere als Mitglied der FDP-Fraktion am Montagnachmittag um 15.18 Uhr via Facebook: „Das Bundestagsbüro habe ich soeben ausgeräumt. Die letzten Kartons kommen nun weg und dann sind 11 Jahre Bundestag für mich beendet. Schade, war eine spannende Zeit. Ich habe viel erlebt und gelernt, was ich mir von außen hätte nie vorstellen können.“

Beim Aufräumen habe er über zahlreiche Zeitungsartikel und Kommentare „sehr schmunzeln“ müssen, so Bahr. Als Beispiele nennt er Behauptungen, die FDP betreibe Klientelpolitik, das Gesundheitsministerium schreibe bei einem Pharmaverband ab oder Privatversicherte würden bei der Organvergabe bevorzugt. „Zahlreiche Artikel sind mir aufgefallen, die sich als falsch herausgestellt haben. Wenn ich jetzt so manchen Artikel lese, sage ich mir einfach, dass das alles nur zu unserer Unterhaltung passiert.“

Man kann sich gut vorstellen, wie Bahr an diesem spätsommerlichen Oktobertag voller Wehmut und allein in seinem kleinen Büro zwischen all den Kartons saß. Wie er in Ordnern blätterte, in die seine längst gegangenen Mitarbeiter all die fein säuberlich ausgeschnittenen Artikel über ihren Chef eingeklebt hatten. Man versteht sogar, dass ihm die alten, aus der Distanz unbedeutend gewordenen Kämpfe in einem solchen Moment ein Lächeln entlockt haben.

„Das alles nur zu unserer Unterhaltung passiert“ ist aber natürlich zu kurz gedacht. Die FDP ist nicht deshalb nicht wiedergewählt worden, weil ihr fälscherlicherweise Klientelpolitik unterstellt wurde – sondern weil sie fälschlicherweise ihre Klientel hat hängen lassen. Vielleicht hätte Bahr seinen Job behalten, wenn er und seine Parteifreunde einfach staatstragender gewesen wären. Die Auseinandersetzungen mit den liberalen Ministern entsprangen auch dem Vakuum, das deren Beschäftigung mit sich selbst bei der Bewältigung der echten politischen Themen hinterlassen hatten.

Bleibt zu hoffen, dass sein Nachfolger mehr als Unterhaltung im Sinn hat. Das Gesundheitswesen steht vor Herausforderungen. Patienten und Leistungserbringer brauchen keinen Minister, der Pressespiegel über sich sammelt, sondern einen, der eine Vision hat und der das System nach handfesten Kriterien weiterentwickeln will.

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