„Vorteil24“

Kassen droht Steuernachzahlung

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Berlin -

Für die Kassen könnte „Vorteil24“ ein Nachspiel haben: Nach Abstimmung mit den Finanzbehörden der Länder teilt das Bundesfinanzministerium (BMF) mit, dass beim Bezug von Arzneimittel über ausländische Versandapotheken die Kassen die Mehrwertsteuer an den deutschen Fiskus zahlen müssen. Dabei spielt es keine Rolle, ob von den niederländischen Anbietern deutsche Bruttobeträge in Rechnung gestellt wurden.

 

Beim sogenannten innergemeinschaftlichen Erwerb zahlt bis zu einer Grenze von 12.500 Euro pro Jahr nicht der Lieferant die Mehrwertsteuer, sondern der Kunde. In diesem Fall sind das die Kassen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass der Fiskus in dem Land, in das die Ware geliefert wird, am Geschäft beteiligt wird.

Bei „Vorteil24“ hat die niederländische Montanus Apotheke aber offenbar den deutschen Bruttobetrag in Rechnung gestellt, so wie es auch im Rahmenvertrag vorgesehen ist. Montanus wiederum hat sich über eine Firma namens Sequalog beliefern lassen, bei der dann mutmaßlich der Steuervorteil zum Tragen kam, sodass Boni und Provisionen ausgezahlt werden konnten.

Aus Sicht der Finanzexperten sind die steuerrechtlichen Bestimmungen dabei schon im Verhältnis zwischen Versandapotheke und Kasse nicht hinreichend beachtet worden: Laut BMF fallen bei innergemeinschaftlichen Geschäften für den Anbieter keine Steuern an: „Ist die Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, darf die liefernde Apotheke nur einen Nettobetrag ohne Umsatzsteuer in Rechnung stellen und muss in der Rechnung auf die Steuerbefreiung […] hinweisen.“

 

 

„Die jeweilige Krankenkasse ist Schuldner der auf den innergemeinschaftlichen Erwerb des Medikaments entfallenden Umsatzsteuer“, heißt es in dem Schreiben weiter. Und: „Unabhängig von der tatsächlichen Rechnungsstellung durch die ausländische Apotheke unterliegt das gesamte von der Krankenkasse an die ausländische Apotheke gezahlte Entgelt der deutschen Erwerbsbesteuerung.“

Dem Vernehmen nach sind allerdings ausschließlich Rezepte betroffen, die mit „Vorteil24“ abgerechnet wurden: Andere niederländische Versandapotheken wie DocMorris oder die Europa Apotheek Venlo (EAV) sollen entsprechend einer Vereinfachungsregelung die Steuern direkt an den deutschen Fiskus gezahlt haben.

Das BMF hat nun den GKV-Spitzenverband gebeten, die Kassen über die Abrechnung der Rezepte zu informieren: In einem Rundschreiben stellt der Verband nun klar, dass gegebenenfalls Nachzahlungen drohen: „Dies gilt für einen ggf. zu Unrecht in Rechnung gestellten ausländischen Umsatzsteuerbetrag ebenso wie für die Zuzahlung der Versicherten.“ Der Kassenverband empfiehlt daher, die steuerrechtliche Behandlung der Abrechnungen zu überprüfen.

In der Koalition kommt die Klarstellung des BMF gut an: „Es ist gut, dass damit abschließend klargestellt ist, dass auch bei Versand aus dem Ausland der deutsche Mehrwertsteuersatz gilt“, so der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU).

 

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