Praxisbedarf

Impfstoffe: Großapotheken statt Großrezepte

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In Hessen sollen Ärzte künftig nicht mehr den Grippe- und FSME-Impfstoff für eine komplette Saison bei den Apotheken vorbestellen. Stattdessen sollen sie nur die tatsächlich benötigten Mengen auf einem Sprechstundenbedarfsrezept verordnen. Mit dieser Strategie wollen die hessischen Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die derzeit hohe Verlustquote bei Impfstoffen senken. Derzeit werden Apotheken gesucht, die bereit sind, Teilmengen kurzfristig zu liefern und damit das Risiko übernehmen, auf Beständen sitzen zu bleiben.

Ein Abgleich der über Apotheken abgegebenen Impfstoffe und der abgerechneten Impfleistungen der Ärzte habe ergeben, dass jedes Jahr zahlreiche bestellte Vakzine nicht verimpft werden, sagte ein Sprecher der KV gegenüber APOTHEKE ADHOC. „Die Verlustquote ist so hoch, dass ein Schaden von 10 Millionen Euro jährlich entsteht. Diese Zahl muss reduziert werden.“

Die KV macht die Hersteller für den Missstand verantwortlich. Bereits im ersten Quartal jedes Jahres müssten sich die Ärzte festlegen, wie viele Impfdosen sie im Herbst abnehmen wollen. Deswegen stellten die Ärzte in der Regel ein Rezept über die komplette Menge für die Saison aus. „Bleiben dann im Herbst 100 Impfdosen übrig, entsteht der Kasse ein Schaden von rund 2000 Euro“, so der Sprecher.

Die Ärzte wurden deshalb jetzt darüber informiert, dass sie Impfstoffe in Zukunft nur noch portionsweise, also je nach aktuellem Bedarf, beziehen sollen. Dass damit das Risiko auf die Apotheken übergeht, weiß man auch bei der KV. „Es gibt allerdings Apotheken, die sich auf die Abgabe von Impfstoffen spezialisiert haben und entsprechend große Umsätze und Lagerkapazitäten haben“, so der Sprecher. Dies seien in der Regel Versandapotheken.

In einem Schreiben an die Kammern und Verbände sowie an den Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) fragt die KV deshalb an, welche Apotheken in der Lage sind, hessenweit auf Anforderung innerhalb kürzester Zeit die angeforderten Impfstoffe auszuliefern. Die Ärzte sollen dann informiert werden, welche Apotheken den Service anbieten. Derzeit werden noch Anbieter gesammelt.

Verträge will die KV allerdings nicht schließen. „Die Ärzte sollen weiterhin entscheiden können, von welcher Apotheke sie ihre Ware beziehen“, so der Sprecher. Allerdings müsse auch bei der Bestellung in der Apotheke nebenan gewährleistet sein, dass die Verlustquote gesenkt werde. Die Kassen haben bereits angekündigt, dass sie zu viel bestellte Ware nicht mehr bezahlen wollen. Im Extremfall drohen Regresse.

Die KV erhofft sich durch die neue Politik auch ein Umdenken bei der Industrie. „Wenn die Ärzte keine Abnahmegarantie mehr geben können, werden die Hersteller auch endlich überschüssige Impfstoffe zurücknehmen“, zeigt sich der KV-Sprecher überzeugt. Derzeit werden die Reste in der Regel in der Apotheke vernichtet.

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