Wahlprogramm

Grüne wollen keine Zuzahlungen mehr

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Die Grünen wollen die Praxisgebühr und die Zuzahlungen für Arzneimittel abschaffen. Der gerade gestartete Gesundheitsfonds ist im Falle einer Regierungsbeteiligung der Partei ebenfalls Geschichte. Diese und weitere Maßnahmen sind Bestandteil des Wahlprogramms und sollen nach dem Willen der Grünen den anhaltenden „Trend zu einer Zweiklassenmedizin“ stoppen. Am vergangenen Wochenende hatten Bündnis 90/Die Grünen auf dem Bundesparteitag ihre programmatischen Ziele für die anstehende Bundestagswahl beschlossen - Titel: „Der grüne Neue Gesellschaftsvertrag“.

Die rot-grüne Regierung hatte die Praxisgebühr für Ärzte erst 2004 eingeführt. Jetzt will der Koalitionspartner von einst diese wieder zu den Akten legen. Wie die aus dem Wegfall von Medikamentenzuzahlungen und Praxisgebühr resultierenden jährlichen Einnahmeverluste der Krankenkassen von rund 3,4 Milliarden Euro finanziert werden sollen, geht aus dem Papier selbst nicht hervor.

Die Gegenfinanzierung könne letztlich nur über steigende Kassenbeiträge oder über eine entsprechende Erhöhung des Bundeszuschusses erreicht werden, erklärte ein Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen gegenüber APOTHEKE ADHOC. Dabei müsse es möglich sein, politische Entscheidungen der Vergangenheit auch wieder rückgängig machen zu können, so der Sprecher weiter.

Zur Kostendämpfung im Arzneimittelbereich denken die Grünen über eine Positivliste für Medikamente nach. Zusätzlich sieht das Wahlprogramm transparentere Zulassungsverfahren und eine damit verbundene Kosten-Nutzen-Bewertung - in Form einer „Vierten Hürde“ - vor.

Von einer Aufhebung des Mehr- und Fremdbesitzverbots ist im Programm keine Rede. Die Grünen hatten in der Vergangenheit als einzige Bundestagsfraktion Apothekenketten gefordert - mit der gesundheitspolitischen Sprecherin der Fraktion, Birgitt Bender, an der Spitze. Die Liberalisierung des Apothekenmarktes sei auf dem Parteitag jedenfalls kein Thema gewesen, bestätigte der Sprecher auf Nachfrage.

Den Gesundheitsfonds wollen die Grünen nach eigenem Bekunden „zügig abwickeln“ und durch eine „grüne Bürgerversicherung“ ersetzen. Der Einheitsbeitrag des Fonds führe zu einem „Druck auf die Kassen, ihren Versicherten notwendige Leistungen vorzuenthalten“, heißt es im „New Deal“. Stattdessen hält die Partei „mehr Wettbewerb zwischen den Kassen“ und einen „Qualitätswettbewerb“ zwischen den Leistungserbringern für sinnvoll.

Auf dem Gebiet der Vorsorge haben die Grünen klare Vorstellungen: Die Partei will ein Präventionsgesetz einführen, dass die Basis zur Finanzierung „kommunaler Gesundheitsförderung“ schafft. Auch die „wohnortnahe Versorgung in einer alternden Gesellschaft“ soll verbessert werden. Dazu sollen „Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser und andere Gesundheitsberufe“ enger zusammenarbeiten. Um die Effizienz im Gesundheitssystem zu steigern, hält die Partei am Modell „Hausarzt als Lotse“ im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung fest. Auch der „Ausbau der integrierten Versorgung“ steht auf der Agenda.

Unter dem Motto: „Eine für alle, statt Flucht aus der Solidarität“, propagieren die Grünen die solidarische Bürgerversicherung: „Wir wollen alle Menschen gemäß ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit in die Finanzierung einbeziehen.“ Zum Lohn sollen zusätzlich auch andere Einkommensarten „wie Kapitaleinkommen und Einkommen aus gewerblicher Vermietung und Verpachtung eingezogen werden.“

Eine klare Koalitionsaussage geben die Grünen nicht. Zumindest eine gemeinsame Regierung mit CDU/CSU und FDP schließen sie aber aus. Auf eine „Ampel-Koalition“ mit SPD und FDP wollen sie sich nicht festlegen.

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