Formretax

GKV-VSG: Heilung oder Teilretax

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Berlin -

Die Bundesregierung hat das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) in den Bundestag eingebracht. Am kommenden Donnerstag wird das Gesetz in erster Lesung im Plenum besprochen. Für Apotheker relevant ist insbesondere die Festschreibung des Kassenabschlags sowie das zumindest anberaumte Verbot von Nullretaxationen aufgrund von Formfehlern. In ihrer Begründung dazu findet die Regierung klare Worte in Richtung der retaxwütigen Kassen. Außerdem soll die Rezeptzuweisung im Entlassmanagement begrenzt werden.

Laut Gesetzesentwurf sollen der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) im Rahmenvertrag regeln, „in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt“. Dazu haben die Vertragspartner ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit. Gibt es keine Einigung innerhalb der Frist, entscheidet die Schiedsstelle.

Apotheker leisteten einen entscheidenden Beitrag zur guten und sicheren Arzneimittelversorgung in Deutschland, heißt es zur Begründung. Es sei ein legitimes Interesse, dass sie vor „unsachgemäßen Retaxationen der Krankenkassen 'auf Null' und damit vor wirtschaftlicher Überforderung geschützt werden“, wenn der Versicherte das verordnete Arzneimittel erhalten habe.

Formretaxationen unterschieden sich von Fällen, in denen Apotheken die Rabattverträge nicht beachteten. Dazu habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass weder ein Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse noch ein Anspruch auf Ersatz des Arzneimittels bestehe. Das Bundesverfassungsgericht (BverfG) habe dies indirekt bestätigt, indem die Verfassungsbeschwerde der Apotheker im Mai 2014 nicht angenommen wurde.

Laut Gesetzentwurf gelten trotz der geplanten Entschärfung die Anforderungen an die ärztliche Verordnung uneingeschränkt weiter, vor allem wenn sie aus Gründen der Arzneimittelsicherheit bestehen. Die Grenze soll aber gezogen werden, wenn die Kasse letztlich von ihrer Leistungspflicht freigestellt und der Versicherte trotz unbedeutender formaler Fehler das verordnete Arzneimittel erhalten habe. In diesen Fällen sei es „unverhältnismäßig, wenn die Apotheke keine Erstattung für das abgegebene Arzneimittel erhält“, heißt es weiter. Ein solcher Fehler könne etwa die Verwendung einer Abkürzung auf der Verordnung sein.

Es sei im Sinne der Versicherten erforderlich, dass die Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln „nicht durch unnötige bürokratische Hürden behindert“ werde. Kassen und Apotheker sollen einen geeigneten Interessenausgleich schaffen, der Fehlanreize vermeidet. Als Vorschlag bringt die Regierung „Heilungsmöglichkeiten für Formverstöße“ ins Spiel sowie Regelungen, die lediglich eine teilweise Retaxation beinhalten. Allerdings dürfe den Kassen durch die Heilungsmöglichkeiten kein unverhältnismäßiger, teurer Verwaltungsaufwand entstehen.

Auch im Heilmittelbereich werden laut Entwurf die entsprechenden Regelungen angepasst. Formale Fehler bei der Ausstellung der Heilmittelverordnung und Retaxationen gegenüber Leistungserbringern von Heilmitteln sollen so vermieden werden, heißt es.

Die Festschreibung des Kassenabschlags begründet die Regierung mit den sich teilweise überschneidenden Anpassungsparametern zum Abschlag und dem Fixhonorar der Apotheken nach dem Arzneimittelgesetz (AMG). „Um daraus resultierende Konflikte zu vermeiden, wird die Höhe des Apothekenabschlags gesetzlich festgeschrieben“, heißt es im Entwurf.

GKV-Spitzenverband und DAV hatten sich gemeinsam für eine Festschreibung auf 1,77 Euro ab 2016 geeinigt. So soll es mit dem GKV-VSG jetzt auch geschehen. Allerdings hatte sich die ABDA im Gegenzug eine regelmäßige Überprüfung des Apothekenhonorars gewünscht. Mit dieser Forderung konnten sich die Apotheker bislang nicht durchsetzen. Jetzt müssen sie auf das parlamentarische Verfahren hoffen.

Mit dem Gesetz soll außerdem geregelt werden, „dass kein privater Dritter eine 'Rezeptvermittlung' in Zusammenhang mit dem Entlassmanagement betreiben darf“, heißt es im Entwurf. Eine Klarstellung sei nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. März 2014 notwendig. Die Karlsruher Richter hatten eine Kooperation zwischen Apotheken und dem Unternehmen Patientenring am Universitätsklinikum Freiburg bestätigt. Die Rezepte der Patienten wurden vor der Entlassung direkt an die Apotheken gefaxt.

Das Urteil erfordert laut Bundesrat eine Klarstellung, dass die durch das Apothekengesetz gesetzten Grenzen zu beachten seien. „Insbesondere geht es dabei um das Prinzip der freien Apothekenwahl und um das Verhindern von unerwünschten Formen der Zusammenarbeit“, heißt es im Entwurf. Die Bundesregierung stimmt zu und erklärt, der Vorschlag müsse geprüft werden. Insbesondere mit Blick auf das im Apothekengesetz (ApoG) verankerte Zuweisungsverbot sei die Änderung „dem Grunde nach nachvollziehbar“.

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