Vorsorgeuntersuchung

Prostatakrebs: Vorsorge ab 45 zu spät

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Berlin -

Prostatakrebs ist mit 63.000 Diagnosen und 12.000 Todesfällen pro Jahr der häufigste Tumor bei Männern. Zwischen 90 und 95 Prozent der Patienten mit Prostatakrebs erkranken, ohne dass erbliche Risikogene beteiligt sind. Männliche Hormone spielen bei der Entstehung des Krebses eine Rolle. Für den Nachweis des Tumors ist eine Biopsie notwendig.

 

„Das Prostatakarzinom macht keine Kardinalsymptome und selten akute Beschwerden, es ist ein schleichender Prozess“, sagt Dr. Axel Schroeder, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologen. „Es gibt Männer, die Beschwerden an der Prostata lange Zeit verleugnen, weil sie mit zunehmendem Alter ja auch typisch sind“, ergänzt Professor Dr. Stefan Müller, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU).

Symptome wie Beschwerden beim Wasserlassen seien typisch für eine sich vergrößernde Prostata im Alter, die in den allermeisten Fällen aber gutartig sei. Prostatakarzinome würden dagegen gelegentlich erst dann erkannt, wenn Männer mit „Kreuzschmerzen“ in die Praxis kämen. „Dann haben sie vielleicht

schon Metastasen in der Wirbelsäule“, so Müller.

Die Vorsorgeuntersuchung ab dem Alter von 45 Jahren kommt laut Müller meist zu spät: „Wenn man ein Karzinom tastet, ist es meistens schon sehr spät, es ist dann groß, und die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass Metastasen in Knochen und Lymphknoten vorliegen.“ Karzinome im gut behandelbaren Frühstadium finde man beim Tasten selten. Daher sei der PSA-Wert eine wichtige Ergänzung.

 

 

Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweiß, das von der Prostata gebildet wird. Ist der PSA-Wert im Blut eines Mannes erhöht, kann das ein Hinweis auf eine gut- oder bösartige Veränderung der Vorsteherdrüse oder auf eine Entzündung des Organs sein. Die Kosten für den Bluttest zur Früherkennung übernehmen Kassen nicht, wenn der Mann gesund und die Untersuchung nicht nötig ist.

Als Normwert für PSA wurden vier Mikrogramm pro Milliliter in den medizinischen Leitlinien festgesetzt. Laut Müller müssen bei einem auffälligen PSA-Wert auch Alter, Vorgeschichte und die Größe der Prostata berücksichtigt werden: „Bei einem 40-Jährigen ist ein Wert von größer 2,5 vielleicht schon verdächtig, während bei einem 75-Jährigen ein Wert von 5,5 vielleicht kein Problem ist.“ Auch sei die Entwicklung des Wertes über die Jahre zu beachten.

Entscheiden sich Arzt und Patient zu einer Biopsie, können Gewebeproben über den Mastdarm entnommen werden. „Dabei werden bildgebende Verfahren wie Sonographie, gegebenenfalls auch die Kernspintomographie, zur Unterstützung eingesetzt“, sagt Schroeder. Pro Biopsie würden durchschnittlich acht bis zwölf kleine Gewebeproben entnommen, dieses Verfahren könne in lokaler Betäubung gemacht werden. Risiken seien Infektionen und Blutungen. Die vorbeugende Gabe von Antibiotika soll vor Infektionen schützen, denn Keime können vom Darm in die Prostata gelangen. Außerdem gibt es die Biopsie über den Damm, dazu braucht es allerdings eine Vollnarkose.

 

 

Weisen Ärzte ein Prostatakarzinom nach, so existieren verschiedene Therapiemöglichkeiten: angefangen von der aktiven Überwachung über Hormonbehandlungen, Chemo- und Strahlentherapie bis hin zur Entfernung der gesamten Prostata. „Je früher man es erkennt, desto mehr Möglichkeiten hat man“, sagt Schroeder. „Wichtig ist, dass man die Lebensqualität der Patienten im Fokus hat, nicht nur heilend, sondern auch schonend behandelt.“

Man gehe davon aus, dass 30 Prozent aller 70-Jährigen ein Prostata-Karzinom haben, sagt Müller. Der Krebs wachse langsam, und die Mortalität sei gering. „Man muss überlegen, wen man wie therapiert, denn bei Operationen und Strahlentherapie gibt es ja Nebenwirkungen, beispielsweise Impotenz oder Inkontinenz“, sagt der DGU-Präsident. „Wir sitzen in der Klemme, dass wir trotz aller Diagnostik nicht sicher voraussagen können, welcher Patient an einem Prostata-Karzinom sterben wird.“ Die Medizin habe es ja überwiegend mit älteren Männern zu tun, die auch an anderen Krankheiten wie an einem Herzinfarkt sterben.

Laut Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut ist seit den frühen 1980er Jahren ein Anstieg der Erkrankungsraten zu beobachten. Diese Zunahme könne größtenteils mit einer früheren und vermehrten Entdeckung vieler Tumoren durch den sogenannten PSA-Test erklärt werden. Dies führe zu deutlich höheren Erkrankungsraten im Altersbereich zwischen 50 und 69 Jahren. Gleichzeitig sei das mittlere Erkrankungsalter auf 70 Jahre gesunken. Vor dem 50. Lebensjahr tritt Prostatakrebs sehr selten auf.

 

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