Pille danach

„Keine Dumpingpreise für Notfallkontrazeptiva“

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Berlin -

Die „Pille danach“ ohne Rezept könnte in diesem Jahr Realität werden. Theoretisch könnte es dann zu einem Preiswettbewerb zwischen den Herstellern kommen – denn mit dem OTC-Switch wären Preise und Werbung freigegeben. Klaus Czort, Deutschlandchef des Herstellers HRA Pharma, warnt vor „Dumpingpreisen bei Notfallkontrazeptiva“.

Nachdem sich die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bereits im November für die Freigabe von EllaOne (Ulipristal) ausgesprochen hat, liegt die Entscheidung nun bei der EU-Kommission. Der mögliche OTC-Switch des zentral zugelassenen Präparats setzt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) unter Druck: Nachdem sich Ressortchef Hermann Gröhe (CDU) lange gegen die Freigabe von national zugelassenen Notfallkontrazeptiva mit Levonorgestrel gewehrt hatte, kündigte er im November an, die Sache prüfen zu lassen.

Czort geht davon aus, dass in diesem Jahr nicht nur EllaOne, sondern auch das Levonorgestrel-Präparat PiDaNa rezeptfrei wird. Es sei sinnvoll, die beiden Medikamente etwa zum gleichen Zeitpunkt aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Ansonsten könnte es zu einer Benachteiligung von Frauen mit geringem Einkommen kommen: Die PiDaNa kostet 18,33 Euro, während für EllaOne 35,72 Euro auf den HV-Tisch gelegt werden müssen.

Derzeit hat HRA Czort zufolge einen Marktanteil von nahezu 100 Prozent. Als Notfallkontrazeptiva sind neben EllaOne und PiDaNa die Levonorgestrel-Präparate Unofem von Hexal und Postinor von Gedeon Richter erhältlich. Wie sich die Preise entwickeln, lässt sich laut Czort nur schwer beurteilen. „Wir planen mit gleichen Preisen“, sagt er. „Ich glaube, dass die Mitbewerber aktiver werden, hoffe aber, dass sie nicht an der Preisschraube drehen.“

Aus seiner Sicht müssen die Notfallkontrazeptiva auch nicht unbedingt günstiger werden – schließlich brauche eine Frau die Präparate lediglich ein oder zwei Mal im Leben. „Ich finde – und das sehen auch die Gesundheitsbehörden so – es ist nicht das Ziel, die Präparate extrem billiger zu machen. Sie sollen nicht die Kontrazeption ersetzen.“

Der Preis hat aus seiner Sicht auch einen regulatorischen Effekt. „Die Freigabe soll nicht zu Leichtfertigkeit führen – da ist keinem mit gedient.“ Auch die Apotheker hatten bereits auf den möglichen Preisverfall hingewiesen und eine neue Kategorie von Arzneimitteln gefordert, die zwar rezeptfrei sein sollten, aber nicht frei kalkuliert und beworben werden dürften.

Wie mit den Preisen und der Erstattung für Frauen bis 20 Jahre umgegangen werden soll, ist im BMG noch nicht geklärt. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) erklärte Mitte Dezember, das BMG werde zunächst die Empfehlungen der EMA prüfen und die Entscheidungsfindung der EU-Kommission abwarten. Erst danach werde man eine Entscheidung zu Levonorgestrel-Präparaten treffen.

Die Staatssekretärin betonte aber auch, dass es das Ziel sei, die Abgabe beider Wirkstoffe aus einer Hand zu ermöglichen. Man lege Wert auf die Kontinuität der Beratung. Gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Ärzten und der Apothekerschaft werde man festlegen, wie eine hochwertige Beratung sichergestellt werden könne. „Eine intensive Beratung in den Apotheken ist der richtige Weg“, so Widmann-Mauz.

Mit einer Entscheidung der EU-Kommission und der Freigabe für EllaOne rechnet HRA schon ab März. Der Hersteller hat den OTC-Switch seit langem vorbereitet – immerhin wartet man bei HRA schon seit anderthalb Jahren auf die Freigabe.

Im Marketing will HRA laut Czort weniger auf offensive Werbung in Richtung Kunden setzen. Stattdessen soll mit Apotheken zusammengearbeitet und bei den Verbrauchern das Wissen aufgebaut werden, dass es die „Pille danach“ und die Beratung in den Apotheken gibt. „Es wird keine Werbewelle über Deutschland spülen“, verspricht Czort.

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