Winzige Spinnentierchen

Krätze: Deutlicher Anstieg von Fallzahlen

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Berlin -

Wenn es übel juckt und die Haut voll roter Bläschen ist, könnte es sein, dass eine Ansteckung mit Krätzmilben erfolgte. Bundesweit wurden vereinzelt mehr Fälle bekannt, vor allem in großen Einrichtungen. Doch die Datenlage ist schwierig, auch wegen der fehlenden generellen Meldepflicht.

Dass es die Krätze noch gibt, dürfte den wenigsten bewusst sein. Zudem gibt es keine gesicherten Zahlen über die Häufigkeit von Ansteckungen mit Krätzmilben: Die Krätze ist nicht meldepflichtig. Nur wenn die Krankheit in Gemeinschaftseinrichtungen ausbricht, muss das Gesundheitsamt benachrichtigt werden. Das gilt laut Landkreistag etwa für Kitas, Pflegeheime, Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte und Gefängnisse. Dann ist das zuständige Gesundheitsamt zu informieren.

Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) gehört sie jedoch zu den verbreiteteren Infektionskrankheiten. „Es gibt mehrere Indizien, die für eine Zunahme des Skabies in Deutschland sprechen“, sagt Professor Dr. med. Sunderkötter, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie Halle. Auch Infektionen nach einer medizinischen Maßnahme in Kliniken müssen gemeldet werden. Zu einem großen Problem wurde die Krankheit zuletzt in der Südosttürkei, wo Menschen nach der Erdbebenkatastrophe auf engstem Raum zusammen leben mussten.

Auftakt der Krätze?

Nach Einschätzung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) dürften Corona-Kontaktbeschränkungen kurzfristig für weniger Krätze-Fälle gesorgt haben. „Fachleute beobachten jetzt jedoch, dass die Krätze weiter auf dem Vormarsch ist“, heißt es auf der Verbandsseite. Laut RKI zeigt die Auswertung von Abrechnungsdaten niedergelassener Ärzte, dass seit 2009 die Skabies-Diagnosen etwa um einen Faktor 9 zugenommen haben. 2018 wurde demnach bundesweit eine Gesamtzahl von über 380.000 erreicht. Wie die Zunahme im langjährigen Vergleich zu bewerten ist, sei unklar. „Die lokale Häufigkeit der Skabies unterliegt laut mehreren Autoren langjährigen Zyklen, deren Ursachen jedoch unklar sind.“

Wann kommt es zur Ansteckung?

Verursacht wird Krätze durch die Skabiesmilbe. Die auf den Menschen spezialisierten Spinnentiere werden durch engen anhaltenden Hautkontakt übertragen, wobei in der Regel eine Dauer von fünf bis zehn Minuten ausreichend ist: Wenn Kinder mit Erkrankten ausgiebig kuscheln, in einem Bett schlafen oder gemeinsam spielen, kann es also zu Ansteckungen kommen. Bei Jugendlichen und Erwachsenen werden Milben auch während des Geschlechtsverkehrs übertragen. Kurzes Handschütteln, Begrüßungsküsse, Umarmungen sind aber aufgrund der kurzen Kontaktzeit ohne Risiko. Die Übertragung eines einzigen begatteten Milbenweibchens oder mehrerer geschlechtlich unterschiedlich weit entwickelter Larven reicht für eine Besiedlung des menschlichen Körpers aus.

In der äußersten Hautschicht graben die weiblichen Krätzmilben tunnelförmige Gänge, die sie in der Regel nicht mehr verlassen. Die Spinnentiere sind etwa 30 bis 60 Tage lebensfähig. Nach zwei bis drei Tagen schlüpfen aus den Eiern Larven, die sich an der Hautoberfläche in Falten, Vertiefungen und Haarfollikeln in drei Wochen zu geschlechtsreifen Milben entwickeln.

Symptome der Krätze

Bei einer Erstbesiedlung treten die ersten Symptome nach zwei bis fünf Wochen auf. Skabiesmilben bevorzugen Hautstellen mit höherer Temperatur und dünner Hornschicht:

  • Hautfalten zwischen Fingern oder Zehen
  • Ellenbogenstreckseiten
  • Achselhöhlen
  • Brustwarzenhof
  • Nabelregion
  • Gürtellinie, Gesäß, Analalte
  • Fußränder
  • insbesondere der Penisschaft

Bei Säuglingen und Kleinkindern sind oft der behaarte Kopf und das Gesicht betroffen. Die ansteckende Hautkrankheit führt zu heftigem Juckreiz und Brennen auf der Haut. Angeregt durch die Bettwärme verursacht der Befall besonders in der Nacht Beschwerden. Besonders im Schlaf wird so lange gekratzt, bis einzelne Hautstellen bluten.

Behandlungsmethoden der Krätze

Systemisch

Ivermectin wird oral in Form von Tabletten eingenommen und individuell nach Körpergewicht dosiert. Die einmalige orale Gabe der Gesamtdosis erfolgt auf nüchternen Magen. Bei der gewöhnlichen Skabies kann eine Abheilung erst nach etwa vier Wochen sicher festgestellt werden. In seltenen Fällen können erneut spezifische Hautläsionen auftreten. Ist auch der parasitologische Befund positiv, kann eine zweite Dosis nach zwei Wochen nötig sein.

Topisch

Topische Antiscabiosa stehen in Form von Cremes, Emulsionen oder Lösungen zur Verfügung. Lokal appliziert enthalten sie ebenfalls Ivermectin oder Permethrin, Benzylbenzoat oder Crotamiton. Primäres Ziel ist die Abtötung der Milben und deren Larven und Eier. Sekundär sollen Begleiterscheinungen wie Juckreiz und Brennen gemildert werden. Sogenannte postskabiöse Ekzeme sind gut mit topischen Kortikosteroiden zu behandeln.

Die aktuelle Leitlinie zur Behandlung empfiehlt das Auftragen einer 5-prozentigen Permethrin-Creme vor dem Schlafengehen. Wichtig ist das lückenlose Auftragen vom Unterkiefer abwärts auf den gesamten Körper. Am nächsten Morgen wird die Creme abgewaschen oder abgeduscht. Zudem sollten alle Kontaktpersonen der Infizierten über den Befall informiert werden. Mit einer guten Hygiene und der Antiscabiosa-Therapie sollte nach sechs Wochen alles ausgeheilt sein.

 

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