Antibiotika

Zuckerkomplex gegen Krankenhauskeime

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Berlin -

Wissenschaftlern ist es gelungen, den Krankenhauskeim Pseudomonas aeruginosa abzuwehren. Die Forscher haben einen Zuckerkomplex identifiziert, der das Bakterienprotein LecA bindet. Dieses Protein ermöglicht es dem Bakterium, in menschliche Lungenzellen einzudringen.

Pseudomonas aeruginosa kann bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder bei chronisch Kranken unter anderem Haut- und Lungenentzündungen hervorrufen. Zudem sind die Bakterien häufig gegen Antibiotika resistent. Bei Patienten mit zystischer Fibrose, einer erblichen Erkrankung der Schleimhäute, sei Pseudomonas aeruginosa für rund 80 Prozent der Todesfälle durch Lungenentzündungen verantwortlich.

Die Bindung über LecA an Wirtszellen sei ein bedeutender Invasionsweg für die Keime in menschliche Lungenzellen. Das Forscherteam von der Universität Freiburg hatte den neuartigen Mechanismus der Bakterieninvasion identifiziert: Der Keim wickelt sich in die Membran menschlicher Zellen. Er nutzt Lipide in der Zellmembran, um sich in Wirtszellen einzuschleusen.

Das Protein LecA auf der Oberfläche der Bakterien bindet dazu an Zucker auf besonderen Lipid-Molekülen, so genannte Gb3-Lipide, die in der Außenmembran von Menschenzellen vorkommen. Dockt der Krankheitserreger an eine Zelle, greifen die LecA-Moleküle der Bakterien und die Gb3-Lipide der Wirtsmembran ineinander – wie bei einem Reißverschluss. Auf diese Weise umwickelt die Zellhülle Schritt für Schritt den Erreger und bringt ihn ins Zellinnere.

Die Forscher haben ein Molekül entwickelt, das LecA daran hindert, an die Wirtszellrezeptoren anzudocken: Demnach bindet das Molekül selbst mit hoher Passgenauigkeit an das Bakterienprotein. „Der Wirkstoff ist genau auf LecA zugeschnitten: Ein Gerüst von organischen Molekülen bringt zwei Galaktosezucker in den richtigen Abstand zueinander, sodass sie exakt in zwei Bindungsstellen des LecA auf der Bakterienzelle passen“, erklärt Dr. Thorsten Eierhoff von der Universität Freiburg.

Der Mechanismus wirke wie eine Schutzkappe gegen die Pseudomonas-Bakterien. In Zellkultur wiesen die Forscher nach, dass die Keime, die mit dem Wirkstoff behandelt wurden, zu 90 Prozent weniger in menschliche Lungenzellen eindringen.

Bisher kannten Forscher nur Invasionsmethoden, bei denen Erreger Signale in der Wirtszelle manipulierten. Diese Signale steuern Aktinfäden, die Muskeln der Zelle: Die Fäden krümmen von Innen die Zellhülle und bilden Membranbläschen, in denen die Bakterien aufgenommen werden.

Die Wissenschaftler Dr. Thorsten Eierhoff und Juniorprofessor Dr. Winfried Römer vom Institut für Biologie an der Universität Freiburg, Professor Dr. Nicolas Winssinger von der Universität Genf und Dr. Anne Imberty von der Universität Grenoble veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“.

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