Hohe Dunkelziffer vermutet

Endometriose: Diagnosen nehmen deutlich zu

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Berlin -

Die aktuelle Endometriose-Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) geht auf regionale und zeitliche Trends der Erkrankung im Zeitraum von 2012 bis 2022 ein. In 2022 wurden knapp 340.000 Frauen mit Endometriose diagnostiziert. Die Häufigkeit einer Diagnose stieg im Studienzeitraum um rund 65 Prozent. Die Forschenden gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

Als Datengrundlage dienten die bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten gemäß § 295 SGB V. Einbezogen wurden alle Datensätze vom ersten Quartal 2012 bis zum ersten Quartal 2023.

Diese Studie betrachtete alle Mädchen und Frauen ab zehn Jahren mit gesetzlicher Krankenversicherung. Sie mussten im entsprechenden Jahr mindestens einmal ärztliche oder psychotherapeutische Leistungen in Anspruch genommen haben. Als prävalent erkrankt galten diejenigen, bei denen eine bestätigte Endometriose-Diagnose nach ICD-10-GM: N80 vorlag. Diese Diagnose musste im Berichtsjahr festgestellt worden sein. Sie galt als bestätigt, wenn sie in den folgenden drei Quartalen erneut auftrat. Sie galt darüber hinaus als bestätigt, wenn ein Facharzt sie feststellte oder wenn eine spezifische Diagnose oder Operation dafür abgerechnet wurde. Erstmalig wurden Daten zu Operationen außerhalb des Krankenhauses und durch Belegärzte in Bezug auf Endometriose analysiert.

Die zentralen Ergebnisse

Im Jahr 2022 wurde bei 339.718 von 35.602.313 gesetzlich versicherten Frauen und Mädchen ab zehn Jahren in Deutschland Endometriose diagnostiziert. Bis 2019 betrug das Durchschnittsalter der Erkrankten 42 Jahre, bis 2022 sank es dann auf 40 Jahre. Die Diagnosehäufigkeit für Endometriose lag 2012 in der Bundesrepublik bei 5,7 pro 1000 Versicherten. Bis 2022 stieg dieser Wert auf 9,5 pro 1.000. Zuletzt gab es eine deutliche Unterschiedlichkeit in der Häufigkeit der Erkrankungen.

Zwischen den verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen war diese Häufigkeit bis zu 1,7-mal höher. Auf der Ebene der Landkreise unterschied sie sich sogar um den Faktor 12,2. Eine Clusteranalyse zeigte ein Gebiet mit besonders vielen Fällen in Nordniedersachsen. Ein weiteres, kleineres Gebiet mit erhöhten Werten lag in Mittelbaden. Die bundesweit niedrigste Diagnoseprävalenz wies der nordthüringische Landkreis Nordhausen auf.

Die häufigsten spezifischen Lokalisationen waren die Gebärmuttermuskelschicht (Adenomyose), das Beckenperitoneum und die Eierstöcke. Der Anteil der Patientinnen mit OP-Leistungen war im Studienzeitraum konstant.

Hohe Dunkelziffer vermutet

„Die Ergebnisse unserer Auswertungen deuten darauf hin, dass Endometriose im vertragsärztlichen Bereich in den letzten Jahren verstärkt diagnostiziert worden ist. Die Diagnoseprävalenz liegt allerdings immer noch deutlich unterhalb der epidemiologischen Prävalenzschätzungen. Wir gehen daher von einer recht hohen Dunkelziffer aus“, erläutert der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Menstruationsbeschwerden würden oft verharmlost, was die häufig verzögere. Laut des Zi-Vorstandsvorsitzenden sei es essentiell, über den Unterschied zu verwandten Erkrankungsbildern aufzuklären. Es gebe laut ihm im physiologischen Sinne normale Beschwerden und pathologische zyklusbedingte Schmerzen. Die Aufklärung darüber sei entscheidend, so von Stillfried weiter.

„Endometriose geht mit einer zeitintensiven, komplexen Anamnese und Diagnosesicherung einher. Bisher fehlen im vertragsärztlichen Bereich Abrechnungsmöglichkeiten, die diesen Aufwand entsprechend abbilden. Eine entsprechende Regelung ist erforderlich, um dem Versorgungsbedarf der Frauen auf diesem Gebiet besser gerecht werden zu können. Ob diese Abrechnungsmöglichkeit allein auf dem Gebiet der administrativ und organisatorisch aufwändigen ambulant-spezialfachärztlichen Versorgung liegen sollte, ist zu hinterfragen“, bekräftigte von Stillfried.

Zum Krankheitsbild

Endometriose ist eine verbreitete Krankheit bei Mädchen und Frauen. Sie leiden unter gutartigen Gewebewucherungen, die der Gebärmutterschleimhaut ähneln. Dieses Gewebe befindet sich jedoch außerhalb der Gebärmutter, meist in benachbarten Organen und Geweben. Dabei sind Endometrioseherde häufig im unteren Bauch und Becken zu finden. Sie kommen auch an Eierstöcken und Eileitern vor sowie in den tieferen Schichten der Gebärmutterwand. Diese Herde wachsen parallel zur Schleimhaut in der Gebärmutter und folgen dem monatlichen Zyklus.

Die Folge sind krampfartige Schmerzen. Betroffene leiden auch oft unter chronischen Bauch- und Rückenschmerzen, besonders während des Zyklus. Endometriose ist außerdem eine der Hauptursachen für Unfruchtbarkeit. Der Name „Endometriose“ setzt sich aus drei griechischen Wörtern zusammen: „endon“ bedeutet „innen“, „metra“ steht für „Gebärmutter“ und „osis“ bedeutet „Krankheit“.

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