Nachtdienstgedanken

Sonnenbrand als Souvenir

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Berlin -

Eigentlich hätte Sarah Sonntag es besser wissen müssen – es war doch nur ein kurzer Trip ans Meer, um dem Corona-Alltag zumindest ein bisschen entfliehen zu können. Und nun steht sie da: Auf dem Boden der Tatsachen in ihrem Büro, um sich auf den Notdienst vorzubereiten. Eine dicke Schicht Aloe Vera Gel ziert ihren Rücken, ein schmerzverzerrter Ausdruck ihr Gesicht. Sarah hätte sich wirklich ein besseres Andenken an ihren Urlaub vorstellen können.

„Warum hast du denn keinen Sonnenschutz aufgetragen?“, fragt ihre sprechende Fantaschale Max besorgt und leicht vorwurfsvoll, während Sarah vergebens versucht alle verbrannten Areale ihrer Körperrückseite mit dem Aloe Vera Gel zu erreichen. Jede Berührung schmerzt, selbst das weite Top, welches die Apothekerin statt ihrem Kittel trägt, fühlt sich wie Feuer auf der Haut an. „Wir wollten eigentlich nicht lange bleiben“, antwortet sie knapp und schmerzerfüllt. „Außerdem hatten wir eine Strandmuschel“, fügt sie hinzu.

Und dennoch – grade sie als Fachfrau hätte wissen müssen, wie wichtig der Sonnenschutz ist und auch wie schnell ein Sonnenbrand manchmal entstehen kann. Grade am Wasser wird die Aggressivität der Sonnenstrahlen häufig unterschätzt: Das frische Wasser und die kühle Brise wiegen einen in Sicherheit und bieten eine willkommene Abkühlung. Doch die Strahlen werden vom Wasser reflektiert, die Wirkung ist daher umso intensiver – und gefährlicher. Das musste auch Sarah in der vergangenen Woche am eigenen Körper feststellen.

„Als wir am Strand saßen, war noch alles ok – keine Rötung, kein Brennen, kein Spannen“, meint sie. Doch noch am Abend sollten sich die Folgen schmerzhaft zeigen. Sarah war auf dem Bauch eingeschlafen, ihre gesamte Körperrückseite glich nun eher einem Hummer – von Entspannung nach einem Tag am Meer war nichts mehr zu spüren. „Es tut so weh“, jammert Sarah. „Ich kann kaum laufen, weil die Waden, Kniekehlen und Oberschenkel so spannen“, meint sie zu Max.

„Warum setzt du dich dann nicht einfach, solange kein Kunde kommt?“, fragt er. Doch auch das ist keine gute Idee. „Max, ich sagte doch ich habe die ganze Rückseite verbrannt – die GANZE!“, antwortet sie unwirsch. Max muss ein wenig grinsen, auch wenn ihm die Apothekerin schon ein wenig Leid tut. Aber wie sagten schon die alten, weisen Fantaschalen vor ihm: „Wer nicht hören will, muss fühlen.“

Jede Bewegung schmerzt und lässt Sarah ihre Nachlässigkeit zutiefst bereuen. „In Zukunft werde ich mich wohl immer eincremen auch wenn ich an den See gehe oder nur zum Shoppen in die Stadt“, meint sie. Doch all das hilft ihr grade auch nicht weiter. Sie versucht jeden unnötigen Gang zu vermeiden und setzt in diesem Notdienst auf Schonung. Glücklicherweise geht bei der Hitze kaum jemand freiwillig aus dem Haus, wenn es nicht unbedingt sein muss. Daher ist auch der Notdienst vergleichsweise ruhig.

Also verbringt Sarah den Notdienst mit feuchten, kühlen Handtüchern, Lotionen und vielen Kaltgetränken – vorzugsweise auf dem Bauch liegend auf ihrem Schlafsofa. Nur um ihren Mitmenschen zu helfen, lässt sie sich aus dieser Position bringen. Hauptsächlich kommen Kunden mit Insektenstichen, Kopfschmerzen und Übelkeit durch zu viel Hitze und – Sonnenbrand. Sarah verspürt ein wenig Erleichterung, dass sie offenbar nicht die einzige ist, die den Sonnenschutz vergessen hat. „Ich freue mich morgen früh auf eine ausgiebige, kalte Dusche“, seufzt sie und lässt sich erneut auf das Sofa fallen. „Autsch!“, ruft sie schmerzerfüllt, als die verbrannte Haut den Stoff berührt und dreht sich wieder auf den Bauch.

 

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