Indien

Boot bringt Ärzte und Apotheker

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Neu Delhi -

Das Boot, das sich gemächlich über den Brahmaputra schiebt, bringt eine ungewöhnliche Crew: Ärzte und Krankenschwestern, Hebammen und Apotheker, Laboranten und Sozialarbeiter. Sie sind auf dem Weg zu einer der 2500 Inseln, die im Nordosten Indiens im Bundesstaat Assam liegen. Die rund drei Millionen Bewohner dieser Eilande haben weder Elektrizität noch Toiletten, weder Straßen noch Krankenhäuser. Doch seit einigen Jahren kommen die Bootskliniken, die hier „Schiffe der Hoffnung“ heißen.

Das Boot legt auf der Insel Panchuchar an. Medikamente und Geräte werden entladen, dann marschiert die Gruppe etwa zwei Kilometer bis zu einer Schule, wo sie ein medizinisches Camp für einen Tag aufbaut. Über die Lautsprecher der Moschee wird ihre Ankunft bekanntgegeben. Schnell versammeln sich Frauen mit schreienden Babys auf den Armen um die Plastiktische, um sich registrieren zu lassen. Sie bekommen Mittel gegen Lungenentzündungen, Diabetes oder Durchfall, alles kostenlos.

„Zuerst waren die Menschen sehr skeptisch“, sagt die 28-jährige Taslima Khatun, eine unterernährte Frau, die schon vier Kinder zur Welt gebracht hat. Schließlich seien manche Ärzte Männer – da seien Untersuchungen in ihrer konservativen Gesellschaft ein Problem. „Aber die Dorfältesten haben gemerkt, dass das Team viele Schwierigkeiten auf sich nimmt, um für uns zu sorgen. Nun kommt jeder zum Camp.“

Entwickelt hat die Bootskliniken das Zentrum für Nord-Ost-Studien und Grundsatzforschung (C-NES), eine Nichtregierungsorganisation, zusammen mit der indischen Mission für Ländliche Gesundheit und der Regierung des Bundesstaates Assam. Bislang wurden so mehr als eine Million Menschen behandelt, vor allem Frauen und Kinder.

Die Ärzte leisten medizinische Hilfe bei Schwangerschaften und Geburten, sie impfen, messen den Blutzucker und führen HIV-Tests durch. Nebenbei sprechen die Sozialarbeiter mit den Frauen auch über Familienplanung und warnen vor frühen Heiraten. Nirgendwo sonst in Indien sterben nach offiziellen Angaben so viele Frauen bei der Geburt: Auf 100.000 Entbindungen kommen 309 Todesfälle.

Das Projekt begann 2005 mit drei Mitarbeitern, mittlerweile fahren 250 Helfer auf 15 Bootskliniken von Insel zu Insel. Das Programm läuft so gut, dass es bald auch auf andere indische Regionen ausgeweitet werden soll.

Und: Derzeit wird ein ganzes Schiff gebaut, ausgestattet mit Operationssaal und Laborräumen, wie C-NES-Gründer Sanjoy Hazarika erklärt. Es soll dann in der Region als „Mutterschiff“ herumfahren, zu dem die anderen Bootskliniken ihre Patienten bringen können.

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