Italien

EllaOne: Rezeptpflicht für Minderjährige

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Berlin -

Italien wird das Notfallkontrazeptivum EllaOne (Ulipristal) voraussichtlich doch aus der Rezeptpflicht entlassen – aber nur für Erwachsene. Kinder und Jugendliche sollen weiterhin eine ärztliche Verordnung benötigen. So lautet die Empfehlung der italienischen Arzneimittelbehörde AIFA. Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin von der Neuen Rechte Mitte (Nuova Centrodestra) muss zwar noch zustimmen, das scheint aber sicher. Die Apotheker begrüßen die Entscheidung.

Mit ihrer Entscheidung stellt sich die AIFA gegen die Empfehlung des Obersten Gesundheitsrat (Consiglio Superiore di Sanità, CSS). Der hatte auf Anforderung des Gesundheitsministeriums ein Gutachten erstellt und gefordert, die Rezeptpflicht beizubehalten. Der Rat begründete seine Entscheidung mit dem Risiko ernsthafter Nebenwirkungen, wenn das Präparat häufig ohne medizinische Überwachung eingenommen werde.

Die Entscheidung war heftig kritisiert worden. Die Politikerin Laura Garavini von der Mitte-Links-Partei Partito Democratico hatte sie als schlechtes Signal für die Frauen bewertet. Auch Silvio Garattini, Direktor des Institus für pharmakologische Forschung „Mario Negri“ in Mailand, kritisiert die CSS-Entscheidung. Er ist selbst Mitglied im Gesundheitsrat – hatte aber gegen die Entscheidung gestimmt. Er betonte, dass Ulipristal den Eisprung lediglich verschiebe – und daher keine Abtreibung verursache.

Dieser Einschätzung hat sich jetzt offenbar die AIFA angeschlossen. Generaldirektor Luca Pani erklärte, es gebe mit dem Präparat keine größeren Probleme. Allerdings gebe es nicht ausreichend Daten, um die Sicherheit bei wiederholter und unkontrollierter Verwendung zu gewährleisten.

Anders als andere Staaten beschränkt Italien den OTC-Switch aber auf Erwachsene. „Um die Jüngsten zu schützen und weil es möglich ist, sich die 'Pille danach' jederzeit in Krankenhäusern und Kliniken verschreiben zu lassen, wurde diese Grenze beschlossen“, so Pani. Aus seiner Sicht ist diese Regelung noch moderner als die der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), die sich für die Entlassung aus der Verschreibungspflicht ausgesprochen hatte.

Carlo Ranaudo, Dozent für Pharmazieökonomie an der Fakultät für Pharmazie der Università degli Studi in Salerno, sagte der Zeitung Quotidiano Sanità, die Entlassung aus der Rezeptpflicht sei eine begrüßenswerte Entscheidung – „eine Errungenschaft für die Frauen, aber auch für die Apotheker“. Die Entscheidung der Behörde folge einer Entwicklung, die in Italien weiter gefördert werden müsse: „die Rolle der Apotheker als Primärversorger muss verbessert werden, auch um die Gesundheitsprozesse zu vereinfachen“.

Ranaudo ist überzeugt, dass sich des Apothekers verändern muss. „Er darf kein passiver Verteiler von Medikamenten mehr sein, sondern ein Fachmann, in den die Leute Vertrauen haben.“ Deswegen müssten sich Apotheker besonders in diesem Moment ihrer neuen Rolle bewusst werden, „damit die Pille nicht von einer normalen Person gegeben wird, sondern von einem Fachmann, der in der Lage ist, sich schweren Problemen zu stellen und den Frauen praktischen Rat zu geben“.

Um dies zu erreichen, ist aus Ranaudos Sicht eine schnelle Weiterbildung nötig. Der Apotheker müsse zum Berater werden und eine Verbindung zu den Patienten und den Gynäkologen erreichen. „Die Zeiten sind reif für eine enge Zusammenarbeit der Apotheker mit den Spezialisten.“

Italien gehört zu den wenigen europäischen Ländern, in denen Notfallkontrazeptiva mit Levonorgestrel der Verschreibungspflicht unterliegen. Außerdem hatten sich bisher Deutschland, Polen und Ungarn gegen die Entlassung der Präparate gesperrt.

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