Winter ohne Grippewelle

Corona grassiert, Influenza bleibt aus

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Berlin -

Der Januar ist dafür bekannt, dass es zu einem Anstieg der Influenzazahlen kommt. Meist sind die Infektionen in den ersten Kalenderwochen des neuen Jahres am höchsten. Nicht so in diesem Jahr: Deutschlandweit werden kaum Grippefälle verzeichnet – dabei hatten Experten vor einer parallelen Ausbreitung gewarnt. Sicherlich spielen die Hygiene- und Abstandsregeln und die Grippeimpfung eine Rolle. Doch die beiden Erreger müssen sich auch in anderen Punkten unterscheiden.

Aktuell sind die Grippezahlen niedrig. In ganz Deutschland kann das Robert Koch-Institut (RKI) kaum Infektionen ausmachen. Die ARE-Rate (Rate der akuten Atemwegserkrankungen) liegt deutlich unter dem Vorjahreswert. In der dritten Kalenderwoche wurden 158 Sentinelproben aus insgesamt 51 Praxen untersucht. 17 Proben enthielten Sars-CoV-2, eine Probe enthielt humane Coronaviren des Typs NL63. Neun Proben enthielten Rhinoviren. Influenzaviren waren in keiner Probe enthalten. Seit KW 40 sind in keiner der insgesamt 1770 untersuchten Sentinelproben Influenzaviren nachgewiesen worden. Für die dritte Meldewoche wurden bislang 30 labordiagnostisch bestätigte Influenzavirusinfektionen an das RKI übermittelt. Bei acht positiven Proben waren die Personen hospitalisiert.

Vor einem Jahr wurden in der dritten Kalenderwoche insgesamt 133 Sentinelproben untersucht. In 72 waren respiratorische Viren enthalten. In 20 der 72 Proben wurden Influenza A(H1N1)pdm09-Viren und in 14 Proben Influenza A(H3N2)-Viren detektiert. Sieben Proben enthielten Influenza-B-Erreger. Im vergangenen Jahr wurden bis zu dritten Kalenderwoche nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) insgesamt 4439 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das RKI übermittelt.

Schutzmaßnahmen, Impfung, Infektiösität

Als klassische Grippesaison gilt der Zeitraum zwischen der 40. Kalenderwoche (Anfang Oktober) und der 20. Kalenderwoche (Mitte Mai). Von einer Grippewelle spricht das RKI dann, wenn in jeder fünften Patientenprobe tatsächlich Influenzaviren nachgewiesen werden – die so genannte Positivenrate also bei etwa 20 Prozent liegt. Davon sind die aktuellen Werte weit entfernt. Als ein Grund für die niedrigen Fallzahlen können sicherlich die Corona-Schutzmaßnahmen genannt werden: Sie halten nicht nur Sars-CoV-2, sondern auch andere Viren in Schach. Doch auch die Möglichkeit der Grippeimpfung und die unterschiedliche Infektiösität scheinen eine Rolle zu spielen.

Um eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems aufgrund einer starken Grippewelle zu vermeiden, wurden alle Bürger über 60 Jahre dazu aufgerufen, sich impfen zu lassen. Hierfür wurde seitens der Regierung noch zusätzlicher Impfstoff beschafft. Denn Grippeimpfstoffe werden im Frühjahr geordert – sind die Bestände weg, kann normalerweise nichts mehr nachbestellt werden. Im Herbst konnten die Apotheken die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) bereit gestellte nationale Reserve über die regulären Lieferwege beziehen. Sechs Millionen zusätzliche Dosen wurden bereit gestellt. Wie gut das Impfangebot angenommen wurde und wieviele Dosen tatsächlich verimpft wurden, ist aktuell noch nicht klar.

 

Mit Grippe bleibt man schnell zu Hause

Eine echte Grippe beginnt relativ schnell. Manchmal fühlen sich die Erkrankten binnen weniger Stunden schwach und entwickeln Symptome wie Gliederschmerzen und Fieber. Nach dem zeitnahen Gang zum Arzt folgt der Gang ins Bett. Die meisten Betroffenen fühlen sich so schlecht, dass sie das Haus für mehrere Tage nicht verlassen. Sie begeben sich sozusagen in eine indirekte Quarantäne. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse zum Krankheitsverlauf bei Sars-CoV-2 zeigen, dass der Ablauf anders sein kann. Nicht jeder Covid-Patient entwickelt starke Symptome. Die Zahl der asymptomatischen oder nur sehr leicht symptomatischen Corona-Infizierten kann aktuell noch nicht genau definiert werden. Doch diese Patientengruppe nimmt häufig weiter am Alltag teil, obwohl sie aus infektiologischer Sicht in die Quarantäne gehören.

Zum Thema Infektiosität bei Corona schreibt das RKI: „Die Dauer von der Ansteckung bis zum Beginn der eigenen Ansteckungsfähigkeit ist genauso variabel wie die Inkubationszeit.“ In den meisten Studien wird die mittlere Inkubationszeit mit fünf bis sechs Tagen angegeben. Genau in diesem Zeitraum sind die meisten Patienten auch am ansteckendsten. Hier verbirgt sich also ein weiteres Problem: Corona ist in der Zeit am ansteckendsten, in der die Betroffenen häufig noch nichts von ihrer Infektion wissen. „Ein relevanter Anteil von Personen bei infektiösen Personen steckt sich innerhalb von ein bis zwei Tagen vor deren Symptombeginn an“, schreibt das RKI. Den genauen Anteil kann man bisweilen nicht genau beziffern, zahlreiche Studien den begriff „Symptombeginn“ nicht gut genug definiert haben. „Aus Einzelbeobachtungen lässt sich jedoch schließen, dass auch sehr kurze Intervalle bis zum Beginn der Ansteckungsfähigkeit möglich sind, das heißt eine Ansteckung anderer Personen am Tag nach der eigenen Infektion, möglicherweise sogar am selben Tag.“

Bei Grippe sieht das anders aus. Für Influenza gibt das RKI eine kurze Inkubationszeit von durchschnittlich ein bis zwei Tagen an. Die Ausscheidung vermehrungsfähiger Viren erfolgt bei Grippekranken erst nach Auftreten der Symptome. Die Dauer der Infektiosität ist vier bis fünf Tage nach dem Auftreten von Fieber, Gliederschmerzen & Co. am höchsten.

 

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