Nach Absage einer Apotheke

Inhaberin springt ein: Rezeptur-Rettung für operiertes Baby

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Berlin -

Rezepturen sind nicht unbedingt die Lieblingsaufgaben mancher Apotheken – und dennoch sind die Betriebe zur Herstellung der Spezialaufträge verpflichtet. Eine Mutter wurde von einer Apotheke am Samstag mit zwei Rezepten abgewiesen und schrieb kurzerhand am Sonntagmorgen über Facebook Dr. Angela Hückstädt an. Die Apothekerin hatte zwar keinen Dienst, sprang jedoch sofort ein, als sie die Dringlichkeit erkennen konnte.

Die Kundin habe per Facebook gefragt, ob die Dr. Hückstädt's-Apotheke in Zell/Mosel auch Arzneimittel selbst herstelle, sagt die Inhaberin. Sie beantwortete die Frage mit ja und erhielt daraufhin die beiden Rezepturen, die die Uniklinik Heidelberg der Mutter eines sechs Monate alten Kindes mitgegeben hatte. „Es waren zwei entwässernde Mittel, die überlebensnotwendig waren, damit das Herz entlastet wird“, sagt Hückstädt.

Extraschicht in der Apotheke

Als sie die Dringlichkeit der Lage erkannte, machte sie sich sofort auf in ihre Apotheke. Selbst Dienst hatte sie keinen. „Ich hatte noch aus den Zeiten, als wir wegen des Mangels Fiebersäfte selbst herstellten, die Grundlage da, um solche Rezepturen herzustellen.“ Auch die nötigen Tabletten als Basis seien vorhanden gewesen.

Im Entlassmanagement war jedoch noch gefordert, dass die Rezepturen nach der „Vorschrift des Uniklinikums Heidelbergs“ angefertigt würden. Die Mutter habe in der Klinik angerufen und diese Vorschrift angefragt, man habe sie ihr jedoch nicht geben wollen, sagt die Apothekerin. Glücklicherweise sei sie online fündig geworden. Die Inhaberin konnte loslegen und stellte die Suspensionen innerhalb von einer Stunde her.

Hilfe für verzweifelte Mutter

Die Mutter sei verzweifelt gewesen, als sie festgestellt habe, dass der Rest der Arzneimittel nicht über das Wochenende reichen werde. „Sie sagte, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass es sich bei den Rezepten um Rezepturen gehandelt habe. Das war ihr kein Begriff.“ Hückstädt freut sich, dass sie der Frau helfen konnte, die gar keine Facebook-Freundin gewesen sei. „Sie ist mir um den Hals gefallen, das war rührend.“

Die Apothekerin betont, wie wichtig die Leistung der Vor-Ort-Apotheke sei. „Das muss in die Köpfe von Politik und der Bevölkerung rein, denn die entscheiden, wo ihre Rezepte jeden Tag hingehen.“ Jedoch nicht nur in Extremsituationen wie diesen, sondern generell müssten Umsatz sowie Ertrag stimmen und die Verordnungen dürften nicht in den Versand abwandern. „Allein von solchen Situationen können wir nicht leben.“

Top-Google-Bewertung und neue Stammkundin

Die Mutter bedankte sich in einer Google-Bewertung bei der Apothekerin: „Ich möchte von Herzen meine Erfahrung mit der Apotheke von Frau Dr. Hückstädt teilen“, schrieb sie. Obwohl sie an diesem Tag eigentlich frei gehabt habe und die Apotheke geschlossen gewesen sei, habe sie sofort geantwortet. „Ich habe ihr ein Foto des Rezepts geschickt, und sie hat keine Sekunde gezögert, mir zu helfen: Sie hat extra für mich und mein Kind die Suspension angerührt. Diese Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit findet man heutzutage nur noch selten.“ Sie sei damit zur Stammkundin geworden.

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