Ambivalentes Verhalten

Cannabis-Legalisierung: „Angebot der zertifizierten Beratung schaffen“

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Berlin -

Die Legalisierung von Cannabis wird kommen. Das wann und wie steht dabei noch nicht fest. Auch Apotheker:innen müssen sich die Frage stellen, wie sie zur Legalisierung der Droge stehen. Seit 2017 geben Apotheker:innen und PTA medizinisches Cannabis auf BtM-Rezepten ab. Ob eine Abgabe als Lifestylepräparat in der Apotheke das ist, was Robert Hüttner, Apotheker und Mitglied der Geschäftsleitung der Medipolis-Apotheken in Jena, sich wünscht, ist ihm selbst noch nicht ganz klar. Er plädiert für eine andere Lösung.

Wer darf ab wann, wo, wieviel Cannabis an wen abgeben? Diese und noch viel mehr Fragen müssen Politker:innen mit Expert:innen aktuell klären. Apotheken standen zu Beginn der Diskussion als „wo“ auf dem Plan. Denn eine fachliche Beratung ist in der Offizin auch zum Thema Cannabis möglich. Apotheker:innen und PTA müssen hingegen überlegen, wie sie eigentlich zum Thema Cannabis-Abgabe im HV stehen. Zwar kann Medizinalhanf seit 2017 verordnet werden, dann aber nur für bestimmte Patientengruppen und mit dem Ziel der Verbesserung des Gesundheitszustandes. Bei zukünftigen „OTC-Cannabis“ stehen weniger Symptom-lindernde Effekte als reine Genusszwecke im Vordergrund. Und genau hier wird es kompliziert – so sieht das auch Robert Hüttner, Apotheker und Mitglied der Geschäftsleitung der Medipolis-Apotheken.

„Natürlich möchte ich mich als Heilberufler einbringen und über die Risiken des Cannabiskonsums aufklären. Doch ob die Abgabe von Cannabis in Apotheken sinnvoll ist, da bin ich mir noch nicht sicher“, gibt der Apotheker zu bedenken. Denn Cannabis-Konsum zu Genusszwecken ist eben fast immer auch mit Tabakkonsum verbunden. Und der Satz „9 von 10 Lungenkarzinomen entstehen durchs Rauchen“, der auf vielen Zigarettenschachteln aufgedruckt ist, passt nun mal nicht für zum Berufsbild des/der Apotheker:in. So wurde auch zur Einführung der E-Zigaretten darüber diskutiert, ob die kleinen Geräte als „Hilfe zum Rauchstopp“ nicht einen festen Platz in der Offizin bekommen sollten. Egal ob mit Nikotin oder allein mit Flavour befüllt – E-Zigaretten und Zubehör kauft man heute im zugehörigen Fachhandel, nicht in der Apotheke.

Cannabis nicht verteufeln, aber auch nicht verharmlosen

„Heilberufe wie Ärzte und Apotheker müssen natürlich ihren Beitrag zur Gesundheitsvorsorge leisten“, so Hüttner. Und da die Legalisierung kommen wird, möchte er gemeinsam mit seinen Teams der Medipolis Apotheken offen darüber sprechen, welche Lösungen sich das pharmazeutische Personal vorstellen könnte. „Da habe ich mir überlegt, welche Wege es für die Apotheke geben könnte, ohne dass zwangläufig Cannabis in der Apotheke abgegeben werden muss.“ Um einen Weg zu finden, der nicht nur für das Team passt, hat Hüttner hierfür Interviews mit aktuell konsumierenden Personen unterschiedlichster Altersgruppen geführt. Denn der Apotheker wollte verstehen, was die potenzielle zukünftige Kundengruppe von der Apotheke erwartet. Eine Abgabe im HV wünschen sich dabei die wenigsten, berichtet der Apotheker: „Die Zeit am HV-Tisch solle den eigentlich kranken Menschen vorbehalten bleiben. Die Konsumenten wollen da keine Zeit beanspruchen. Doch gänzlich auf die Apotheke und das Fachwissen wollen sie auch nicht verzichten.“

Cannabis-Beratung als Zugangsvoraussetzung

„Und da kam die Idee der Cannabis-Beratung. Wir könnten doch in der Apotheke ein zertifiziertes Beratungsangebot anbieten. Hier können alle wichtigen Punkte zum Thema Cannabis besprochen werden. Egal, ob es um das Abhängigkeitspotential, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Spätfolgen geht – nach absolvierter Fortbildung könnte das Apothekenteam eine Beratung vornehmen.“ Für Hüttner und viele seiner Kolleg:innen stellt diese Idee einen guten Mittelweg dar: „So können Abgabe und Beratung sauber voneinander getrennt werden. Eine Beratung kann eine wichtige Entscheidungshilfe sein.“ Er hofft, dass die Politik diese oder ähnliche Ideen mit in die Beratungen aufnimmt. Mit Blick auf die pharmazeutischen Dienstleistungen wäre das Angebot dieser spezifischen Beratungsleistung hier mitunter einzugliedern und eben auch zu vergüten, so Hüttner.

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