Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will die Lockerungen bei Cannabis, die ihr Amtsvorgänger Karl Lauterbach (SPD) durchgesetzt hatte, rückgängig machen. Zunächst ist Medizinalcannabis dran: Rezepte per Fragenbögen sollen genauso verboten werden wie der Versandhandel. Jetzt gibt es einen Kabinettstermin.
Im Juli war der Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Medizinalcannabisgesetzes bekannt geworden, am 8. Oktober soll er nach derzeitiger Planung im Kabinett verabschiedet werden. Bei der geplanten Reregulierung von Cannabis zu Konsumzwecken wird es dagegen wohl noch länger dauern. Man habe eine Evaluation verabredet, die ersten Ergebnisse seien da, die nächste Tranche werde im Frühjahr erwartet. „Meine Haltung ist bekannt: Es besteht Handlungsbedarf“, so Warken.
Eine ausschließliche Behandlung im Rahmen der Videosprechstunde wird laut Entwurf ausgeschlossen. Denn: Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken sollen künftig nur nach einem persönlichen Kontakt zwischen einer Ärztin oder einem Arzt und der Patientin oder dem Patienten in der Arztpraxis oder im Rahmen eines ärztlichen Hausbesuches verschrieben werden dürfen.
Vorgesehen ist nicht nur ein persönlicher Erstkontakt. Auch für Folgerezepte muss innerhalb der letzten vier Quartale ein persönlicher Kontakt in der Praxis oder bei einem Hausbesuch stattgefunden haben. Außerdem ist ein Versandhandelsverbot vorgesehen.
Aufgrund von Suchtgefahr und weiterer Gesundheitsrisiken, Nebenwirkungen und unerwünschter Arzneimittelwirkungen sei ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit der zu behandelnden Person sinnvoll und geboten. Cannabisblüten besitzen keine Zulassung für ein bestimmtes Anwendungsgebiet. Die Verordnung im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit erfordere erhöhte Sorgfaltspflichten und eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung und Aufklärung. Dies sollte in einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt im Rahmen der ärztlichen Behandlung und Beratung vor Ort durchgeführt werden.
Auch wenn das absolute Fernbehandlungsverbot in der (Muster)Berufsordnung der Ärzte 2018 gestrichen wurde, entbinde dies Ärzt:innen nicht von der Verpflichtung zu einer sorgfaltsgerechten Behandlung anhand anerkannter fachlicher Standards. Dies sei bei Verschreibung von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken allein aufgrund einer schriftlichen Anamnese in der Regel nicht gegeben. „Für den Bereich der Behandlung gesetzlich versicherter Patientinnen und Patienten hat die Selbstverwaltung konkretisierende Regelungen für die Videosprechstunde getroffen. Danach ist die Verschreibung von Arzneimitteln, die Suchterkrankungen auslösen können, nur zulässig, wenn zuvor ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt innerhalb eines Zeitraums von vier Quartalen erfolgt ist“, heißt es im Referentenentwurf.
Dementsprechend soll das Gesetz angepasst werden.
Außerdem soll der Versandhandel für Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken an Endverbraucher:innen ausgeschlossen werden. „Das Inverkehrbringen von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken im Wege des Versandes wird damit strafbewehrt.“
In der Begründung heißt es: „Wegen der Vielzahl der mit Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken verbundenen Besonderheiten bestehen umfassende Aufklärungs- und Beratungspflichten, die im Rahmen einer persönlichen Beratung in der Apotheke erfolgen müssen.“ Patient:innen müssen zu Suchtrisiken und Gesundheitsgefahren aufgeklärt und von pharmazeutischem Personal über die sachgerechte Anwendung, eventuelle Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen sowie auf die sachgerechte Aufbewahrung oder Entsorgung und die Gefahren bei einer missbräuchlichen Verwendung von Cannabis, etwa durch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene beraten und aufgeklärt werden.
Die Plattformen machen bereits seit einigen Wochen mobil gegen die Pläne, warnen vor einem Kollaps bei der Versorgung.