Honorarkürzung bei Zertifikaten

Und nun, Frau Overwiening?

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Berlin -

„Die Apothekerinnen und Apotheker sind verärgert und verlieren ihr Vertrauen in die Berliner Politik“, kritisiert Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, das Honorar für das Ausstellen der digitalen Impfzertifikate schon nach wenigen Tagen von 18 auf 6 Euro zu senken. Zahlreiche Apotheker:innen drängen die Abda, einen harten Kurs einzuschlagen. Der Fall ist somit für Overwiening die Feuertaufe nach einem halben Jahr im Amt.

„Der Gesetzgeber will jetzt zum wiederholten Male die Vergütung für pandemiebedingte Sonderaufgaben, die die Apotheken vor Ort sehr kurzfristig, sehr verläßlich und mit viel Engagement übernommen haben, innerhalb kürzester Zeit erheblich senken“, so Overwiening in einem Statement. „Wenn die Apotheken keine belastbare Kalkulationsgrundlage und damit keine Planungssicherheit haben, sinkt die Bereitschaft, auch in Zukunft zusätzliche problemlösende Aufgaben zu übernehmen.“

Seit Montag stellen die Apotheken für die geimpften Menschen in Deutschland digitale Impfzertifikate aus. „Die Berufsorganisationen haben dafür in den Aufbau einer IT-Infrastruktur investiert, die Apotheken vor Ort haben Personal abgestellt und zusätzliche Hardware eingesetzt. Die Ausstellung eines Zertifikates bedeutet zum einen, die Daten zu prüfen, einzugeben und auszudrucken. Zum anderen geben die Apotheken den Menschen viel zusätzliche Unterstützung zur Nutzung der CovPass-App. Der Zeitaufwand nimmt dadurch deutlich zu. Die berichtete drastische Absenkung des Honorars ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.“

Zahlreiche Apotheker:innen haben ihrem Unmut seit gestern öffentlich Luft gemacht und die Abda aufgefordert, in der Sache einen harten Kurs einzuschlagen. „Bitte lassen Sie die Honorarkürzung nicht zu und kämpfen für Ihre Basis!“, forderte etwa Daniela Hänel aus Zwickau. Die Pläne seien „ein Schlag ins Gesicht sowohl für uns Inhaber/innen als auch für alle Mitarbeiter/innen in den öffentlichen Apotheken, die seit einer Woche deswegen zusätzlichen Einsatz zeigen“.

Seit vergangenem Mittwoch sei sie mit Anfragen zu diesem Thema überhäuft worden, sogar im Notdienst. Nach der späten Information zu den Prozessen am Freitag nach Feierabend hätten sich alle Kolleg:innen am Wochenende in ihrer Freizeit auf den neuen Service vorbereiten müssen. Viele seien Montag früher zur Arbeit gekommen, um alles Organisatorische zu besprechen und umzusetzen.

„Dann mussten wir zwei Tage lang Mitbürger vertrösten, Aggressivität ertragen, einschließlich Beschimpfungen, wegen der Anlaufschwierigkeiten des Portals einschließlich IT-Probleme des RKI.“ Allein am Dienstag habe sie in ihrer Apotheke mehr als 100 Kunden wegschicken müssen, da man ihnen den Impfnachweis nicht ausstellen konnte. „Der finanzielle Schaden durch die erhöhte Personalplanung und Einsatz ist groß. Wer kommt dafür auf? Wer bezahlt die Überstunden, weil nach Feierabend dann die Zertifikate nachgetragen wurden? Warum wird unsere professionelle und seriöse Arbeit immer mit Füßen getreten? Viele Inhaber/innen und Mitarbeiter/innen sind frustriert und nicht mehr motiviert. Gutes Personal orientiert sich um, wollen nicht mehr in der öffentlichen Apotheke arbeiten. Kein Wunder bei den Aktionen von diesem Gesundheitsminister.“

In ihrem Brief an Abda und Sächsischen Apothekerverband (SAV) fragt Hänel: „Was wird jetzt erfolgen? Was gedenken die Abda und der DAV zu tun? Wird das Portal aus Protest zum 01.07.2021 abgeschaltet, damit keine Apotheke mehr digitale Impfnachweise erstellen kann? Das wäre ein Zeichen an das BMG, dass die Apothekerschaft sich nicht alles gefallen lässt. Wir sollten endlich mal zeigen, dass professionelle Arbeit auch entsprechend honoriert werden muss.“

Sie sieht das Thema in einem größeren Kontext: „Meine Mitarbeiter/innen und ich leben nicht von Luft und Liebe. Wir sind gern bereit neue Herausforderungen zu stemmen, die Apotheke vor Ort mit persönlicher Beratung und professionellem Service im Ansehen in der Bevölkerung zu stärken. Aber wenn permanent die Motivation und der Einsatz mit Füßen getreten werden, ist der Erhalt der Vor-Ort-Apotheken nicht mehr gewährleistet, weil Niemand mehr in diesem Bereich arbeiten will.“

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