Video-Interview Phagro

„Umstellung hat mit Kürzung nichts zu tun“

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Zwischen Großhandel und Apotheken ist es im Gesetzgebungsverfahren zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) zu Spannungen gekommen. Weil die schwarz-gelbe Koalition die vom Großhandelsverband Phagro geforderte Umstellung des Honorars zum Anlass für Margenkürzungen nehmen will, fürchten die Apotheken dramatische Einbußen. APOTHEKE ADHOC sprach mit Phagro-Chef Dr. Thomas Trümper über die Verantwortung der Großhändler, einen möglichen gemeinsamen Weg und die Kampagne der Apotheken.



ADHOC: Ist der Großhandel Schuld an den Sparplänen für Apotheken?

TRÜMPER: Der Großhandel ist auf keinen Fall Schuld. Die Koalitionsspitzen haben zu Beginn der Legislaturperiode vereinbart, dass man 1,2 Milliarden Euro insgesamt im Gesundheitswesen sparen will. Dann haben sie das heruntergebrochen auf die einzelnen Bereiche und gesagt, bei Apotheken und Großhandel gemeinsam sollen 400 Millionen Euro eingespart werden. Das war gesetzt, da hat der Großhandel überhaupt keine Aktien drin. Das kommt aus der Politik, und wir versuchen nun mit den Apothekern gemeinsam das Beste daraus zu machen.



ADHOC: War Ihr Vorschlag ausschlaggebend?

TRÜMPER: Nein. Das Eine hat mit dem Anderen überhaupt nichts zu tun. Die Großhandelsspanne besteht seit etwa 30 Jahren, und wir alle wissen, dass sich der Markt seitdem ganz extrem geändert hat. Es gibt viel mehr preiswerte Arzneimittel. Wir haben den Direktvertrieb und vieles mehr. Darauf muss man einfach reagieren, weil die Spanne eine Mischkalkulation ist. Der Sparwille der Regierung hat damit nichts zu tun. Die Politik hat auch die Spanne - und zwar die alte Spanne - mit dem GMG im Jahr 2004 schon einmal um 50 Prozent gekürzt. Man sieht, dass die Politik kürzen kann auch ohne eine neue Struktur.



ADHOC: Funktioniert Großhandel ohne Funktionsrabatte?

TRÜMPER: Eigentlich kann er nicht funktionieren. Es liegt im Wesen des Handels, dass man durch Leistung, durch Qualität, aber auch durch Preisvorteile dem Kunden Vorteile bietet, so dass er deshalb bei dem Einen oder dem Anderen kauft. Rabatte sind ein wesentlicher Bestandteil des Handels, wir brauchen sie.



 



ADHOC: Wie ist Ihr Verhältnis zu DAV und ABDA?

TRÜMPER: Ich würde sagen extrem gut. Wir haben seit vielen Jahren nicht mehr so eng zusammen gearbeitet. Das mag in der Öffentlichkeit nicht immer so ankommen, aber entscheidend ist ja, dass man gemeinsam arbeitet. Ob man sich in der Öffentlichkeit gemeinsam in den Armen liegt, das ist wieder etwas ganz anderes. Entscheidend ist die Arbeit. Und die Arbeit ist meiner Meinung nach - und ich denke die ABDA und der DAV empfinden das genauso - sehr gut. Wir sitzen letztendlich in einem Boot: Ich habe immer gesagt: Der Großhandel kann mit einem Ertrag vor Steuern von insgesamt 170 Millionen Euro im Jahr 2009 - das sind alle Großhändler in Deutschland - ein Sparbudget von 400 Millionen Euro nicht stemmen. Deswegen habe ich von Anfang an gesagt, dass wir Kürzungen der Großhandelsspanne 1:1 an die Apotheker weitergeben müssen. Insofern sitzen wir in einem Boot, denn wir wissen auch, dass die Apotheker das genauso wenig stemmen können.



ADHOC: Wie finden Sie die aktuelle Kampagne der ABDA?

TRÜMPER: Ich äußere mich ungern über andere Felder. Mein Feld ist der Großhandel, über den spreche ich gerne. Wenn die ABDA einen Erfolg darin sieht, diese Kampagne zu machen, dann kann ich sie nur beglückwünschen und hoffen, dass sie damit Erfolg bei der Politik hat. Wir als Großhändler sind nicht im Endkundengeschäft, auch nicht in der Öffentlichkeit, deswegen kann ich aus unserer Sicht so eine Kampagne sehr schwer beurteilen.



ADHOC: Es geht immerhin um den Großhandel...

TRÜMPER: Es geht um den Großhandel, das ist richtig. Da wird über Großhandelskonzerne spekuliert. Ob das die richtige Spekulation ist, weiß ich nicht. Ich finde es auch schwierig, dabei zwischen kleinen Firmen und Großkonzernen zu unterscheiden. Ich weiß auch nicht, ob das letztendlich der Verbraucher versteht.



ADHOC: Wie könnte ein gemeinsames Modell aussehen?

TRÜMPER: Ein gemeinsames Modell kann nur so aussehen, dass die Spanne gleich bleibt und dass man keine Einsparungen auf diesen beiden Handelsstufen vornimmt. Dass man die Struktur ändert, das ist notwendig - das wird vom DAV genauso gesehen wie vom Großhandel. Ich meine, unser Vorschlag aus dem April erfüllt eigentlich alle Forderungen, die vom Markt her in das System gegeben werden müssen.

 

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