Sofortiges Sparprogramm

TK: Nullrunde bei Ärzten, Abschlag bei Arzneimitteln

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Berlin -

Die Techniker Krankenkasse (TK) fordert ein sofortiges Spargesetz. Zur Stabilisierung der Beiträge sollen die Ärzte eine Nullrunde hinlegen, auch bei Arzneimitteln soll gespart werden.

Ein leistungsfähiges und bezahlbares Gesundheitssystem sei unverzichtbar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Stabilität der Demokratie, so die TK. „Die rasant steigenden Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) stellen dies in Frage.“ Versicherte und Arbeitgeber müssten vor weiteren Beitragssteigerungen geschützt werden. Daher fordert die Kasse „schnell umsetzbare sowie nachhaltige Reformen, damit die GKV kurz- und langfristig entlastet und wieder mehr wettbewerbliche Steuerung ermöglicht werden“.

So fordert die Kasse: „Die Koalition muss zudem strukturelle Reformen in der Versorgung und der Digitalisierung voranbringen und den Wettbewerb im Gesundheitswesen wieder stärken. Dazu gehört die Krankenhausreform ohne weitere Verwässerung der Krankenhausplanung, die zügige Umsetzung der Notfall- und Rettungsdienstreform, die Einführung eines Primärversorgungssystems mit digitaler Ersteinschätzung und Terminserviceplattform sowie hohes Tempo bei der Digitalisierung.“

Mit einem 10-Punkte-Sofortprogramm soll außerdem das erwartete Defizit der GKV von 8 Milliarden Euro im kommenden Jahr ausgeglichen werden. Dabei geht es nicht nur um Steuergelder für versicherungsfremde Leistungen, sondern auch Spargesetze. So soll der Herstellerabschlages für patentgeschützte Arzneimittel von 7 auf 17 Prozent angehoben werden, außerdem sollen „Fokuslisten“ für Arzneimittel eingeführt werden. Zudem soll der Erstattungspreis auch in den Kliniken vollumfänglich angewendet werden.

Weitere Maßnahmen sind begrenzte Budgetsteigerungen für Kliniken, eine teilweise Rücknahme der Entbudgetierung von Kinder- und Jugendärzten, eine Nullrunde für die Praxen in Form einer Aussetzung des Orientierungswertes sowie eine Fortführung der reduzierten Vergütung bei Zahnärzten und eine Rückkehr zur Grundlohnsummenbindung bei Heilmittelerbringern und zu Ausschreibungen bei Hilfsmitteln.

Kritik von Ärzt:innen und Pharma Deutschland

Der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten. Mit einem Spardiktat werde die Axt an die zahnmedizinische Versorgung gelegt, so die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KVZBV). Auch aus Sicht von Pharma Deutschland führen die Vorschläge der TK nicht zu einer langfristigen Stabilität der GKV, wenn gleichzeitig die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln gesichert werden soll.

„Vorschläge wie die Erhöhung des Herstellerabschlages fallen nicht nur zu Lasten von Arzneimittelherstellern aus, sondern verschlechtern auf lange Sicht die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit innovativen Arzneimitteln und erhöhen in der Gesamtbetrachtung die Gesundheitskosten“, betont Hauptgeschäftsführerin Dorothee Brakmann. „Wenn die TK von überhöhten Gewinnen spricht, bleibt unerwähnt, dass am Verhandlungstisch die Krankenkassen die Preise maßgeblich mitbestimmen, nachdem sie bereits im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) über die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung in hohem Maße mitentschieden haben“, so Brakmann weiter.

Fokuslisten bedeuteten am Ende nichts anderes, als dass Rabattverträge unter Aut-simile-Bedingungen im patentgeschützten Bereich eingeführt werden. „Das wäre der Anfang vom Ende des AMNOG“, so Brakmann. Dies würde die Therapievielfalt und Versorgung der Patientinnen und Patienten weiter einschränken.

Nach Auffassung von Pharma Deutschland zeigen die TK-Vorschläge, wie dringlich ein Pharmadialog mit den relevanten Stakeholdern ist, um konstruktive und langfristig wirkende Reformen zu diskutieren. Es muss eine neue Balance zwischen innovativen Therapien für die Patient:innen, einer zukunftssicheren GKV-Finanzierung und einer für den Standort Deutschland starken Pharmaindustrie gefunden werden.

KBV: „Zweimal Weihnachtsbescherung geht nicht“

Auch die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner teilten mit: „Es ist gelinde gesagt erstaunlich, dass ausgerechnet kurz vor dem Start der Finanzierungsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband der Chef der TK, Dr. Jens Baas, nicht nur eine Nullrunde fordert, sondern auch noch gesetzliche Regelungen wieder abschaffen will, die – wie politisch gewollt – wirken, indem sie zusätzliche Termine für Patienten mit sich bringen.“

Während sich sogar der GKV-Spitzenverband gegen eine Nullrunde ausgesprochen hat, stoße Baas nun genau in dieses Horn. „Vor dem Hintergrund gestiegener Personalkosten sind Vergütungsanpassungen für die Praxen zwingend notwendig. Das, was den Krankenkassen Mehreinnahmen beschert, nämlich gestiegene Löhne, betrifft auch die Praxen. Allerdings müssen die Steigerungen von den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen selbst erwirtschaftet werden.“

Da Baas gleichzeitig fordere, Zuschläge im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes wieder zu streichen, müsse er auch sagen, „dass er damit bewusst das Terminangebot für die Versicherten wieder zurückfahren will. Um es umgangssprachlich zu sagen: Zweimal Weihnachtsbescherung geht nicht – nämlich noch mehr Termine und gleichzeitig noch weniger Geld. Die Krankenkassen müssen ein originäres Interesse daran haben, die Versorgung im ambulanten Bereich zu stärken, also dort, wo 97 Prozent aller Behandlungsfälle erfolgen.“

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