Notfallkontrazeptiva

Schmidt: Kein Werbeverbot für „Pille danach“

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Berlin -

Die „Pille danach“ soll ab Mitte März rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sein. Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat einen Leitfaden zur rezeptfreien Abgabe entwickelt. Das stößt bei der Mehrheit der Apotheker auf Zustimmung. Derweil wird weiter über die Erstattung für Frauen unter 20 Jahren und ein mögliches Publikumswerbeverbot diskutiert. Letzteres hält ABDA-Präsident Friedemann Schmidt für unnötig.

Für ein Werbeverbot gibt es laut Schmidt „aus medizinisch-pharmazeutischer Sicht keine Begründung“. Das Präparat sei sicher in der Anwendung, sodass höchstens gesellschaftliche Gründe für ein Werbeverbot sprächen, sagte er in der Sitzung des Ausschusses Arbeit und Soziales. Vor zwei Jahren hatte man sich in der Jägerstraße mit Blick auf die „Pille danach“ für eine neue Kategorie von Arzneimitteln ausgesprochen, die zwar ohne Rezept erhältlich, aber nicht frei kalkuliert und beworben werden dürften.

Der Sozialausschuss beschäftigte sich mit der „Pille danach“, da die Regelung zur Erstattung mit dem 5. Änderungsgesetz zum SGB IV als Omnibus umgesetzt werden sollen. Demnach soll das SGB V so angepasst werden, dass Frauen unter 20 Jahren rezeptfreie Notfallkontrazeptiva erstattet bekommen, wenn sie ärztlich verordnet wurden.

Schmidt machte deutlich, dass es neben diesem Standardverfahren auch die Möglichkeit gebe, dass Apotheker die Anspruchsberechtigung prüften. Dafür müssten – das sei der Nachteil dieser Methode – neue Verfahren ausgehandelt werden. Allerdings habe sie gegenüber dem Standardverfahren, bei dem die Kostenübernahme vom Vorliegen einer ärztlichen Verordnung abhängig gemacht werde, den Vorteil, dass die Patientin nur einen Weg gehen müsse. Ein Vertreter der Kassen machte deutlich, dass das bereits etablierte Standardverfahren dennoch präferiert werde.

Bis Mitte März muss außerdem entschieden sein, wie eine qualitativ hochwertige Beratung zur „Pille danach“ in Apotheken sichergestellt werden kann. Während die Apotheker in der Schweiz einen umfangreichen Dokumentationsbogen ausfüllen müssen, gibt es in Österreich keine besonderen Auflagen. Ob und für welche Patientengruppen Apotheker in Deutschland die Beratung dokumentieren müssen, ist noch nicht entschieden.

Wie eine Art Kompromiss wirken die Handlungsempfehlungen, die die BAK Ende Januar auf 15 Seiten für Apotheken zusammengefasst hat. Darin wird den Apothekern unter anderem geraten, die „Pille danach“ nicht auf Vorrat oder an unter 14-Jährige abzugeben und die Abgabe an Minderjährige zu dokumentieren. Außerdem wird die Beratung und Abgabe an die Frau persönlich empfohlen.

Bei den Apothekern kommt der Leitfaden gut an: Bei einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC gaben 27 Prozent der Teilnehmer an, die Handlungsempfehlungen nützlich zu finden und sich damit gewappnet zu fühlen. 51 Prozent halten den Leitfaden zwar für den richtigen Ansatz, haben aber noch offene Fragen. Ein Fünftel der Apotheker (22 Prozent) findet die Empfehlungen hingegen unnötig. Aus ihrer Sicht wird damit zu viel Aufhebens um ein OTC-Präparat gemacht. An der Umfrage nahmen vom 29. bis 31. Januar 2015 insgesamt 269 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

Ob die Apotheker zur „Pille danach“ beraten können, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder hinterfragt und diskutiert. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der sich lange gegen den OTC-Switch gewehrt hatte, hatte im Februar 2014 bezweifelt, dass Apotheker an der Notdienstklappe ausreichend beraten könnten. Die Opposition lobte hingegen in ihren Anträgen zur Freigabe regelmäßig die Beratungsleistung durch Apotheker.

Die Frauenärzte warnten, dass Apotheker gerade nachts keinen engen Kontakt zu den Frauen herstellen und daher nicht die gleiche Beratungsleistung wie Ärzte erbringen könnten. BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer betonte, dass Apotheker sehr wohl die Arzneimittelsicherheit gewährleisten und Verantwortung dafür übernehmen könnten, dass Medikamente nicht missbräuchlich angewendet würden.

Die Diskussion setzt sich nach der Freigabe des Präparats EllaOne (Ulipristal) durch die EU-Kommission und den angekündigten OTC-Switch für Notfallkontrazeptiva mit Levonorgestrel fort. Die Frauenärzte hatten zuletzt angezweifelt, dass Apotheken eine kompetente, sorgfältige und vertrauliche Beratung leisten könnenKiefer hielt dagegen.

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