Rx-Versandverbot

Ersatzkassen: Boni-Verträge mit Versandapotheken

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Berlin -

Die Ersatzkassen wollen Einzelverträge mit Versandapotheken schließen und so die gewährten Rx-Boni vereinnahmen. Das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Rx-Versandverbot als Reaktion auf das EuGH-Urteil findet der Verband der Ersatzkassen (VDEK) dagegen nicht akzeptabel. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt schimpfte, die „Sparkassen“ kümmerten sich nur um ihre Finanzen und nicht um ihre Versicherten.

In einer Stellungnahme kritisiert der VDEK, dass es an der Versorgungsrealität vorbei gehe, „den Versandhandel komplett zu verbieten“. Der Verband von Barmer, TK, DAK, KKH, hkk und HEK übersieht oder verschweigt dabei, dass dies auch gar nicht im Gespräch ist.

Doch auch die tatsächlich geplante Beschränkung des Versandhandels auf OTC-Arzneimittel geht den Ersatzkassen zu weit. Zwar sei das Rx-Geschäft im Versandhandel mit weniger als 1 Prozent des Gesamtumsatzes sehr gering. „Aber für die Versicherten kann die Online-Apotheke eine gute Versorgungsalternative sein“, so Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des VDEK.

Die Ersatzkassen schlagen deshalb ein Modell vor, wonach die Krankenkassen künftig in Verträgen mit den Versandapotheken Verträge über Preisnachlässe vereinbaren. Die Einsparungen durch Boni oder Rabatte könnten dann den Beitragszahlern insgesamt und den Patienten zugutekommen. Das sei europarechtskonform, berücksichtige aber auch wirtschaftliche Anreize für Patienten und Krankenkassen, so der VDEK. Schon direkt nach dem Urteil hatten die Kassen auf Direktverträge geschielt.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt verteidigt in einer Gegenäußerung das Rx-Versandverbot. Das EuGH-Urteil gefährde die flächendeckende Arzneimittelversorgung, der Gesetzentwurf aus Gröhes Haus heile dieses Problem. „Der Vorschlag der Ersatzkassen taugt dafür leider nicht“, so Schmidt. Denn er räume Patienten keinerlei Anspruch auf Entlastung ein und ziele nur auf weitere Einsparungen der Kassen ab, während die wohnortnahe Arzneimittelversorgung zwischen Usedom und Bodensee geschwächt werde.

„Genauso wie beim Thema Zytostatika-Ausschreibungen positionieren sich Versicherer hier einmal mehr als ‚Sparkassen‘ zu Lasten ihrer Versicherten und deren Versorgungssicherheit“, so Schmidt. Gerade chronisch kranke Patienten brauchten die Apotheke vor Ort und deren Botendienst.

In ihrer Stellungnahme hatten die Kassen auch das geplante Verbot exklusiver Zyto-Verträge attackiert. Zahlreiche Krankenkassen hätten sehr gute Erfahrungen mit den Ausschreibungsverträgen gemacht und auch das Bundessozialgericht habe die Verträge grundsätzlich bestätigt, so Elsner. „Hier wird eine Chance vertan, eine qualitativ bessere Versorgung für die Versicherten zu erreichen, mehr Transparenz in einen undurchsichtigen Markt zu bringen und Wirtschaftlichkeitsreserven in Höhe von 600 bis 700 Millionen Euro jährlich zu heben.“

Der VDEK fordert zudem Maßnahmen zur Stabilisierung der Beiträge und zur Reform des Morbi-RSA. „Es ist auf Dauer nicht hinnehmbar, dass allein die Arbeitnehmer die steigenden Kosten im Gesundheitswesen über Zusatzbeitragssätze tragen müssten“, sagte Uwe Klemens, Vorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen. Er erwartet eine erhebliche Kostensteigerung: „Durch die Reformgesetze muss die GKV in den nächsten Jahren jährlich rund 4,6 Milliarden Euro schultern, zuzüglich der allgemeinen Preis-, Struktur- und Mengenentwicklung in der Versorgung.“ Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz werde bis 2020 auf 1,8 Prozent steigen.

Klemens forderte weitere kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung der Beiträge, wie die erneute Abschmelzung der Finanzreserve im Gesundheitsfonds um einmalig 1,5 Milliarden Euro in 2018 und die Kompensation der Ausgaben für Arbeitslosengeld-II-Empfänger (ALG-II-Empfänger). Denn die Beiträge, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) an die Krankenkassen für Langzeitarbeitslose entrichteten, reichten seit Jahren nicht annähernd aus, um die Ausgaben zu decken.

Elsner fordert zudem eine Reform des Morbi-RSA. Aus Sicht des VDEK wird das Geld ungerecht verteilt. Im Jahr 2015 habe die Unterdeckung bei den Ersatzkassen 644 Millionen Euro betragen, während andere Kassenarten eine Überdeckung von über einer Milliarde Euro aufweisen konnten. Das vom BMG in Auftrag gegebene Sondergutachten bis Ende September begrüßt der VDEK. „Das zeigt, dass das Problem in der Politik angekommen ist“, so Elsner. Die nächste Bundesregierung müsse nun aber Farbe bekennen und in der nächsten Legislaturperiode Reformen in die Wege leiten.

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