Kongress zur Gesundheitsreform

Kritik an „Fortschrittsbremsen“

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Die jüngste Gesundheitsreform bringe keine Impulse für mehr Wettbewerb unter den Krankenkassen, kritisierten die Teilnehmer der fünften IGES-Kongress am Donnerstag in Berlin. Vertreter von Krankenkassen, Hersteller von Medizinprodukten und das IGES-Institut bemängelten vor allem zwei „Fortschrittbremsen“: Den geplanten Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die so genannte Überforderungsklausel, wonach Versicherte künftig maximal mit einem Prozent ihres Bruttoeinkommens für Zusatzbeiträge ihrer Kasse belastet werden dürfen.

Kassen mit einkommensschwachen Mitgliedern könnten in eine finanzielle Krise geraten, befürchten die Veranstalter. „Die Überforderungsklausel muss überdacht werden. Zumindest müssen die Kassen einen Ausgleich aus Steuermitteln erhalten“, forderte Professor Dr. Bertram Häussler vom IGES-Institut. Die Klausel und der Finanzausgleich der Kassen über den Morbi-RSA seien „Regulierungsansätze, an denen die Reform scheitern kann“, so Häussler.

Professor Dr. Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), sagte, ein gleicher Beitragssatz für alle Kassen behindere Innovationen. „Die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb sind falsch. Wir sind auf dem Weg zu einer staatlichen Steuerung der Krankenversicherung.“ Das Kartellamt müsse in vollem Umfang für das Wettbewerbsverhalten der Kassen zuständig sein, forderte Klusen.

„Die Marktbeherrschung muss begrenzt werden“, stimmte Dr. Robert Paquet vom BKK-Bundesverband zu. Er bemängelte einen zunehmend vereinheitlichten Leistungsrahmen der Kassen. Dies verhindere einen Wettbewerb um die Versicherten. „Die Reform verkürzt den Wettbewerb in vieler Hinsicht auf Kostendämpfung und erhöht damit die Gefahr von Qualitätsdumping“, kritisierte Paquet.

14.700 in Deutschland angemeldete Patente aus der Medizintechnik im vergangenen Jahr seien ein Beleg für die Innovationskraft der Branche, so Dr. Meinrad Lugan, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Medizintechnologie e.V. (BVMed). Es sei falsch, Innovationen lediglich unter dem Kostenaspekt zu betrachten, sagte Lugan. Auf dem IGES-Kongress diskutieren die erwarteten 300 Teilnehmer über die ökonomischen Folgen der Gesundheitsreform. Zudem berichten Wissenschaftler über neue Möglichkeiten der Behandlung verbreiteter, schwerer Krankheiten.

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