Rabattvertäge

Industrie und Ärzte gegen Impfstoff-Ausschreibungen

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Berlin -

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat zum Verzicht auf Rabattverträge für Impfstoffe aufgerufen. Auch zahlreiche Berufsverbände der Ärzte fordern einen vollständigen Stopp von Impfstoff-Ausschreibungen. Während sich die Politik des Themas annimt, werden einzelne Rabattrunden der Kassen bereits von Herstellern boykottiert.

Hintergrund ist das geplante Verbot der exklusiven Rabattverträge durch die Große Koalition, mit dem die Regierung auf die wiederholt auftretenden Lieferengpässe bei Impfstoffen reagiert. CDU und SPD wollen die Kassen zwingen, mit mindestens zwei pharmazeutischen Unternehmern innerhalb eines Versorgungsgebietes Verträge zu schließen. Formuliert wurde dies in einem Änderungsantrag zum GKV-Finanzstrukturgesetz (GKV-FQWG).

„Die halbherzige Neuordnung des Impfmarktes wird dem Problem jedoch nicht gerecht“, heißt es in der Erklärung des BPI. Bei Produktionszeiten von sechs Monaten (Grippe-Impfstoff) bis 22 Monaten (6-fach-Impfstoff) verschärfe jeder planmäßige Ausschluss von Anbietern durch Rabattverträge die Gefahr von Engpässen.

Nur in zufällig günstigen Umständen könne ein zweiter Vertragspartner kurzfristig einspringen, wenn ein Hersteller ausfalle. Rabattverträge seien für biologische Arzneimittel mit einem sehr langen und aufwändigen Produktionsprozess, bei dem Störungen nicht ausgeschlossen werden könnten, grundsätzlich ein ungeeigneter Beschaffungsweg, heißt es weiter.

„Nach den Erfahrungen der letzten Jahre orientiert sich die Vertragspolitik der Krankenkassen nicht an der Verantwortung für die Versorgungssicherheit“, kritisiert der BPI. Eine wirksame Minderung des Risikos von Versorgungslücken im Impfgeschäft sei daher nur durch einen Verzicht auf Rabattverträge für Impfstoffe zu erreichen.

Wenn trotzdem an Ausschreibungen für Impfstoffe festgehalten werden solle, müssten die wirtschaftlichen Grundlagen für die Vorhaltung der erforderlichen Mengen gegeben seien, so der BPI. Ausschreibungen für Impfstoffe müssten verbindliche Abnahmemengen garantieren, besonders für saisonale Impfstoffe wie Grippeimpfstoffe.

Außerdem müssten Krankenkassen verpflichtet werden, verbindlich vereinbarte Impfziele zu erreichen. Vertragliche Vereinbarungen müssten das Ziel verfolgen, die Versorgung zu verbessern und mit Qualitätskriterien verbunden werden, wie der Erhöhung der Impfquoten und der Datengenerierung im Rahmen von Versorgungsverträgen. Zudem sollten Ausschreibungen nur bei einer Mindestzahl potenzieller Anbieter zulässig sein.

Bei Vertragsschlüssen mit zwei oder mehr Herstellern könne schon aus Kostengründen nicht jeder dieser Hersteller die gesamte Menge vorhalten, um das betreffende Gebiet vollständig zu versorgen, so der BPI. Die Hersteller würden ihre Mengenplanung folglich auf die realistisch zu erwartende Absatzmenge einstellen müssen – was dazu führe, dass für den Fall eines Lieferengpasses eines Herstellers die verbleibenden Hersteller diese Lücke absehbar nicht vollständig schließen könnten. Sicherheit könne nur durch größere Mengen geschaffen werden, und diese müssten finanziert werden.

Kritik an den Plänen der Großen Koalition kommt auch von Ärzteseite: Die Berufsverbände der Internisten (BDI), der Frauenärzte (BVF), der Kinder‐ und Jugendärzte (BVKJ), der HNO-Ärzte, der Pneumologen (BdP) sowie der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV-Virchow-Bund) fordern einen kompletten Stopp der Ausschreibungen bei Impfstoffen. Die Ärzte fürchten um die Versorgungssicherheit.

„Die Ausschreibung von Impfstoffen hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass es in manchen Bundesländern zu Engpässen bei der Versorgung mit Grippeimpfstoffen gekommen ist, wenn der von den Krankenkassen ausgewählte Hersteller nicht rechtzeitig liefern konnte. Insbesondere für unsere Risikopatienten – also ältere Menschen und Patienten mit chronischen Erkrankungen – kann das Fehlen der empfohlenen Impfung gegen Influenza zu ernsten Gesundheitsproblemen führen“, teilt BDI-Präsident Dr. Wolfgang Wesiack mit. Die Ärzte wollten ihre Patienten medizinisch optimal versorgen und nicht davon abhängig sein, ob ein einzelner ausgewählter Hersteller von Grippeimpfstoffen gerade lieferfähig sei oder nicht.

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