Schittenhelm auf der APOTHEKENTOUR

Ein pDL-Plädoyer: „Das Geld liegt auf der Straße“

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Stuttgart -

Für Apotheker Dr. Björn Schittenhelm ist vollkommen unverständlich, warum so viele Kolleg:innen die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) nur verhalten oder gar nicht anbieten. Bei der APOTHEKENTOUR in Stuttgart rechnete er im Gespräch mit Thomas Bellartz, Herausgeber von APOTHEKE ADHOC, vor, warum sich der neue Service für ihn lohnt und wie die pDL das Verhältnis zu den Kund:innen verändern.

In Schittenhelms Apotheken in Holzgerlingen bei Stuttgart wird das Thema aktiv verfolgt. Drei bis fünf Medikationsanalysen pro Woche werden hier durchgeführt. Bei der vergüteten Blutdruckkontrolle und der Schulung zum Inhalator-Einsatz werden diese Zahlen sogar täglich erreicht.

Etwa ein Drittel der Patient:innen mit Bluthochdruck messe sich nicht regelmäßig selbst. Es sei schon fast unterlassene Hilfeleistung, die pharmazeutische Dienstleistung in dieser Konstellation nicht abzugreifen. „Da fragen wir gar nicht weiter, das machen wir einfach“, so Schittenhelm. Patient:innen mit erhöhten Werten werden an den Hausarzt oder die Hausärztin verwiesen, doch Schittenhelm hat auch schon einmal einen Krankenwagen gerufen, weil der Patient extrem erhöhte Werte hatte.

Mit 11,20 Euro wird das Blutdruckmessen vergütet. Bei fünf Durchführungen täglich komme schon etwas zusammen, so Schittenhelm. Mit dem entsprechenden Messgerät ausgestattet, könne man die Kund:innen auch während der drei Messungen allein lassen und in dieser Zeit noch im HV arbeiten.

Leicht verdientes Geld

Den richtigen Einsatz eines Inhalators zu erklären, gehört für Schittenhelm sowieso zur Beratungspflicht. „Wir machen das seit Jahren – und jetzt bekommen wir eben Geld dafür.“ 20 Euro können die Apotheken abrechnen. Auf der fachlichen und technischen Seite bestehe in seinem Team kein Schulungsbedarf, allerdings im organisatorischen Bereich. Wo heute teilweise noch mit Klemmbrett und Zettel gearbeitet wird, freut sich Schittenhelm auf digitalisierte Angebote. Eine gute Vorbereitung der pDL ist aus seiner Sicht entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der neuen Services.

Das gilt umso mehr für die Medikationsanalyse, die „Königdisziplin der Apotheken“, wie Schittenhelm sie nennt. Die „Rekrutierung“ würden häufig die PTA übernehmen, ebenso die Dokumentation. Damit werde die pDL zur Teamleistung. In „leichten Fällen“ dauere die Besprechung mit dem Approbierten eine Dreiviertelstunde, es gebe aber auch Sitzungen von drei Stunden und mehr. Je nachdem seien 90 Euro gut verdientes Geld oder eben nicht.

Unabhängig von der Vergütung sieht Schittenhelm „das Strahlen in den Augen“ nach der Medikationsanalyse bei allen Beteiligten. „Wir kommen in echte Beratungssituation, diese emotionale Bindung ist essenziell.“ Für den Apotheker ist das gerade mit Blick auf die Einführung des E-Rezepts wichtig, denn der Versandhandel könne all das niemals leisten.

Auch Schittenhelm hat erlebt, dass die Kund:innen erst noch zurückhaltend reagieren. Aber wenn das Thema beim nächsten und übernächsten Mal wieder zur Sprache komme, werde häufig doch ein Termin vereinbart. Etwa eine Medikationsanalyse pro Tag wird in den Apotheken durchgeführt, Termine gibt es mittlerweile nur noch mit einem Vorlauf von sechs bis acht Wochen. Da er sich mit den Arztpraxen im Umfeld gut abgestimmt habe, kämen teilweise schon Rezepte mit einem Klebezettel in die Apotheke: „Bitte Medikationsanalyse durchführen.“

Neues Personal Dank pDL

Die pDL haben laut Schittenhelm sogar schon Einfluss auf die Personalsuche. Nachdem er in der Stellenanzeige die Durchführung der Medikationsanalyse erwähnt hatte, hätten sich sofort drei Bewerber:innen explizit deshalb bei ihm gemeldet. „Ich finde es fahrlässig, das nicht als Aushängeschild der Apotheke zu nutzen.“

Schittenhelm hofft, dass sich bald mehr Apotheken in diesem Bereich engagieren. Denn aktuell fließt immer mehr Geld in den Topf, das nicht abgerufen wird. „Das Geld liegt auf der Straße, wir müssen es nur einsammeln.“ Mit den aktuell fünf pDL werde es allerdings kaum möglich sein, das Budget auszuschöpfen. Ein vergüteter Impfpasscheck wäre aus Schittenhelms Sicht eine sehr naheliegende Leistung, die als nächstes ergänzt werden könne.

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