Interview Fritz Becker

„Die Streiks haben uns genutzt“

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Berlin -

Der DAV-Vorsitzende Fritz Becker hat derzeit einen aufregenden Job: Gestern sprach er mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) über das Fixhonorar und die Notdienst-Pauschale. Zuvor hatte er einen Warnstreik der Apotheker in Baden-Württemberg organisiert. Nun stehen die Verhandlungen zum Kassenabschlag 2013 an. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC spricht Becker über die Dynamisierung des Fixhonorars, wie es mit den Protestaktionen weitergehen soll und was er noch rausholen will für die Apotheker.

 

ADHOC: Wie verlief das Gespräch mit dem Bundeswirtschaftsminister?

BECKER: Das Gespräch war durchaus konstruktiv. Aber: Das Ergebnis kann uns insgesamt nicht befriedigen. Mit einem Mehr von 25 Cent pro Packung sind wir im verschreibungspflichtigen Bereich weiterhin unterfinanziert.

ADHOC: Inklusive der Notdienst-Pauschale soll es nun mehr als 300 Millionen Euro geben. Ist das zu wenig?

BECKER: In der Summe liegen wir mit diesem Ergebnis weit weg von unseren begründeten und nachrechenbaren Forderungen. Die Apotheker hatten etwas mehr als das Doppelte gefordert.

ADHOC: Gibt es aus dem Gespräch mit Rösler noch mehr Konkretes zu berichten?

BECKER: Der Minister hat uns zugesagt und bestätigt, dass es eine Pauschale für den Nacht- und Notdienst in Höhe von 200 Euro pro geleistetem Dienst geben soll. Die Regierung will sich mit diesem strukturellen Element insbesondere für Apotheken in den Flächenländern stark machen.

 

 

ADHOC: Wird es eine Dynamisierung des Fixhonorars geben?

BECKER: Die Dynamisierung im Gesetz zu verankern, ist nicht so einfach. Wir hatten gehofft, eine Formel einzubringen, nach der das Honorar jährlich neu berechnet wird, unter Berücksichtigung der Inflation und den Kostensteigerungen. So eine Formel lässt sich aber nicht realisieren.

ADHOC: Warum nicht?

BECKER: Die Politik befürchtet, dass sich dann alle freien Berufe anhängen könnten. Rechtsanwälte oder Architekten zum Beispiel könnten dann ebenso zur Politik gehen und sagen, wir wollen unsere Honorare auch nach dieser Formel berechnen. Das will man politisch einfach nicht!

ADHOC: Das Thema ist also tot?

BECKER: Es wäre denkbar, ins Arzneimittelgesetz (AMG) einen Passus aufzunehmen, der regelmäßige Überprüfungen vorsieht. Die Regierung müsste das Honorar dann wenigstens regelmäßig hinterfragen.

 

 

ADHOC: Insgesamt gibt es jetzt mehr als 300 Millionen Euro für die Apotheker. Haben die Protestaktionen der Apotheker etwas mit diesem politischen Erfolg zu tun?

BECKER: Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die Aktionen uns genutzt haben. Wir wollten demonstrieren, dass unsere Forderungen keine leeren Worthülsen sind. Auf jeden Fall haben die Streiks unsere Betroffenheit gezeigt. Sie haben auch gezeigt, wie groß die Solidarität und die Beteiligung innerhalb der Apothekerschaft sind.

ADHOC: Sollen die Proteste fortgesetzt werden?

BECKER: Die Mitgliederversammlung der ABDA am 20. September wird auf jeden Fall stattfinden. Schließlich gibt es schon die nächste Baustelle: den Kassenabschlag. Die Verhandlungen dazu werden in den kommenden Wochen starten. Auch an der Tagesordnung der Mitgliederversammlung wird sich nichts ändern.

ADHOC: Sind Warnstreiks noch vorstellbar?

BECKER: In Baden-Württemberg wird es vorerst keine Warnstreiks mehr geben.

 

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