Diabetesforschung

Bauchfett: Protein fördert Insulinresistenz

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Berlin -

Fettleibigkeit erhöht das Risiko für diverse Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Ursache dieser Folgeerscheinungen sind in der Regel chronische Entzündungsreaktionen; bislang waren die zugehörigen molekularen Mechanismen unbekannt. Ein Forscherteam hat nun einen Botenstoff entdeckt, der das Entstehen von Insulinresistenz begünstigt.

Die Folgen von Übergewicht und Adipositas kosten jährlich das Leben von mehreren Millionen Menschen. Ein internationales Forscherteam unter Führung von Dr. Natalia Rudovich (Spital Bülach; Charité Universitätsmedizin Berlin), Professor Dr. Margriet Ouwens (Deutsches Diabetes-Zentrum Düsseldorf) und Dr. Olga Pivovarova vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) bringt nun neue Erkenntnisse zum Bauchfett ans Tageslicht. Die im Fachjournal „Diabetologia“ veröffentlichten Studienergebnisse könnten dazu beitragen, die Zusammenhänge zwischen Übergewicht, Immunsystem und Stoffwechsel-Erkrankungen besser zu verstehen.

Bereits vor drei Jahren hat das Team um Medizinerin Rudovich und Biologin Pivovarova herausgefunden, dass das Eiweißmolekül „Wingless-type signaling pathway protein-1“ (WISP1) mit der Regulation des Knochenwachstums, dem Entstehen einiger Krebsarten und der Lungenfibrose in Verbindung steht. Mittlerweile gehen die Wissenschaftler davon aus, dass WISP1 ein weiteres mögliches Bindeglied zwischen Übergewicht und chronischen Entzündungsreaktionen ist. Sie konnten erstmals zeigen, dass der Botenstoff direkt die Insulinwirkung in Muskelzellen sowie in der Leber negativ beeinträchtigt und dadurch zur Insulinunempfindlichkeit führt. Denn das Protein wird bei starkem Übergewicht aus den Fettzellen des Bauchfetts freigesetzt und ans Blut abgegeben.

Das Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob die WISP1-Expression und die zirkulierenden Spiegel bei Typ-2-Diabetes verändert sind und ob das Protein die Insulin-Signalübertragung in Muskelzellen und Hepatozyten beeinflusst. Für ihre Analysen zogen die Forscher Serum- und Gewebeproben (viszerales Fettgewebe) von 33 normalgewichtigen und 46 adipösen Männern mit sowie 56 adipöse Männern ohne Typ-2-Diabetes heran. Die zirkulierenden WISP1-Spiegel wurden immunologisch mittels ELISA und die WISP1-mRNA-Expression mittels quantitativer Echtzeit-RT-PCR bestimmt.

Weiterhin wurde die Wirkung von WISP1 auf humane Skelettmuskel- und murinen Leberzellen untersucht. Die Wissenschaftler beobachteten, dass das Protein die Insulin-stimulierte Hemmung der Glukoseproduktion (Glukoneogese) in murinen Hepatozyten und die Erhöhung des Glykogenaufbaus (Glykogensynthese) in menschlichen Muskelzellen aufhebt. Die Synthesemenge des WISP1-Proteins korrelierte mit den Blutzuckerkonzentrationen im Glukosebelastungstest (OGTT) sowie mit dem zirkulierenden Spiegel der Hämoxygenase-1 (HO-1).

Dieses Enzym ist für seine Förderung von chronischen Entzündungen bei Adipositas bekannt. „Wir vermuten, dass eine vermehrte WISP1- Produktion aus dem Bauchfett eine der Ursache sein könnte, warum übergewichtige Menschen oft einen gestörten Glukosestoffwechsel haben“, sagt Erstautorin Tina Hörbelt vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf, einem Partner des DZD. Pivovarova vom DifE sieht für die vermehrte WISP1-Produktion und Freisetzung aus den Bauchfettzellen die schlechte Sauerstoffversorgung (Hypoxie) der Gewebe als Ursache.

Künftig könnten die Ergebnisse dazu genutzt werden, um die Folgeerkrankungen von Übergewicht zu behandeln. „Denkbar wären zum Beispiel Medikamente, die gezielt die WISP1-Wirkung an Muskeln und Leberzellen verhindern und somit zu einer besseren Insulinwirkung in diesen Geweben führen“, erläutert Rudovich, leitende Diabetologin und Endokrinologin im Spital Bülach.

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