Prozess in Leipzig

Luftrezepte: Investor-Apotheker vor Gericht

, Uhr
Berlin -

In Leipzig stehen ein Apotheker und ein Arzt vor Gericht, weil sie die Krankenkassen mit Luftrezepten abgezockt haben sollen. Der Pharmazeut ist kein Unbekannter.

Gemeinsam mit einem 67-jährigen Facharzt aus dem Umland soll der Inhaber der ehemaligen Arnika-Apotheke in Leipzig die Krankenkassen um 413.000 Euro betrogen haben. Wie die Leipziger Zeitung vom Prozessauftakt berichtet, soll er von Ende 2013 bis Ende 2017 vom Arzt verordnete Arzneimittel direkt an die Praxis zur Weitergabe an Patienten geliefert haben – ein Verstoß gegen das Zuweisungsverbot. Außerdem soll der Arzt in 416 Fällen Luftrezepte ausgestellt haben – alleine hier liegt der Schaden demnach bei mehr als 170.000 Euro.

Die Apotheke war bereits im Mai 2018 durchsucht worden; wegen der Komplexität des Falls zogen sich die Ermittlungen so lange hin. Die Anklage lautet auf gewerbsmäßigen Betrug in 59 Fällen, dem Arzt wird Untreue in 416 Fällen vorgeworfen.

Laut Bericht soll es Absprachen auch mit mindestens einem weiteren Arzt gegeben haben. Über Zuweisungsgeschäfte wurde unter Leipziger Kolleginnen und Kollegen schon lange gesprochen; in einem Fall soll es sogar eine zivilrechtliche Klage gegeben haben.

Mit seiner Projektgesellschaft „Stötteritzer Eck“ hatte der Apotheker mehrere Ärztehäuser aufgebaut, die Bild-Zeitung nannte ihn einst „Ärztehaus-König“. Im benachbarten Halle sorgte er wegen hoher Fördermittel im Zusammenhang mit seinem „Sportparadies“ für Schlagzeilen. Laut Magdeburger Volksstimme war es eine der größten Invest-Ruinen Sachsen-Anhalts, die alleine den Apotheker 15 Millionen Euro gekostet haben soll.

Auch die Apotheke weist seit der Eröffnung im Jahr 1997 eine bewegte Geschichte auf. Über Jahre hinweg war der Inhaber immer wieder in Konflikt mit der Aufsicht geraten. Neunmal war er zwischen 2005 und 2022 kontrolliert worden, und so gut wie jedes Mal tauchten neue Probleme auf. Wegen verschiedener Verstöße wurden seit 2014 in sieben Fällen Bußgelder verhängt.

Hinzu kamen ein Zwangsgeld, weil der Inhaber die Auflage ignoriert hatte, zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Betriebs einen Approbierten einzustellen, sowie zwei Verurteilungen – einmal wegen vorsätzlichen unerlaubten Inverkehrbringens gefälschter Arzneimittel und einmal wegen „Computerbetrugs“.

Die Betriebserlaubnis wurde dem Apotheker bereits entzogen, im Februar lehnte die Landesdirektion Sachsen (LDS) seinen Widerspruch endgültig ab. Eine neue Inhaberin, an die er ursprünglich übergeben wollte, fand sich anscheinend nicht.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema