Kriminalität

Achtung! Falsche Ärztin unterwegs

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Berlin -

Eine mutmaßliche Betrügerin hat in der Sonnen-Apotheke in Mettingen versucht, sich verschreibungspflichtige Medikamente zu erschleichen. Die Frau gab sich als Psychiaterin aus und wollte Zopiclon kaufen. Als die falsche Ärztin merkte, dass sie mit ihrer Masche nicht weiter kommt, räumte sie schnell das Feld.

Die Frau im weißen Kittel betrat die Sonnen-Apotheke am Vormittag. Sie sei Ärztin einer psychiatrischen Klinik in Osnabrück und suche für eine Patientin mit Borderline-Syndrom eine Apotheke, die sie nach der Entlassung regelmäßig betreut, erzählte sie einer Mitarbeiterin der Apotheke. Sie wolle mit der Patientin später vorbeikommen und einige Sachen bestellen, um den Kontakt herzustellen.

Beiläufig sagte sie, dass sie für eine andere Patientin Zopiclon bräuchte. Das Rezept habe sie leider im Auto liegen lassen. Auch ihren Arztausweis könne sie gerade nicht finden und würde diesen vorlegen, wenn sie mit der zuvor erwähnten Borderline-Patientin käme, erzählte die vermeintliche Psychiaterin der jungen PTA.

„Als die Frau in die Apotheke kam, war ich gerade im Backoffice“, berichtet die Inhaberin der Sonnen-Apotheke, Birgit Möllenkamp. „Als ich mitbekommen habe, dass ein merkwürdiges Kundengespräch in der Offizin stattfindet, bin ich nach vorn gegangen“. Der erfahrenen Apothekerin ist sofort das starke Zittern der „Ärztin“ aufgefallen. „Das und die unglaubwürdige Aufmachung in weißem Kittel hat mich sofort misstrauisch gemacht“, sagt sie. Ein echter Arzt würde eher dezent auftreten. Dass eine Medizinerin aus dem rund 20 Kilometer entfernt liegenden Osnabrück den Weg nach Mettingen im Arztkittel zurücklegt, sei mehr als komisch.

„Wir haben dann die Frau darauf hingewiesen, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel eben nur mit Rezept abgegeben werden“, sagt Möllenkamp. Als sie merkte, dass sie mit ihrer Masche keinen Erfolg hat, habe die Frau die Apotheke verlassen.

Um Kollegen vor Ort zu warnen, hat die Pharmazeutin in den anderen zwei Apotheken angerufen. Dabei habe sich herausgestellt, dass offenbar dieselbe Frau kurz zuvor in einer der beiden Apotheken mit ähnlicher Geschichte auftauchte. Die dritte Apotheke habe bereits vor Wochen eine solche Kundin gehabt. „Glücklicherweise konnte sie sich in keinem Fall verschreibungspflichtige Medikamente erschleichen“, berichtet Möllenkamp.

Da sie befürchtet, dass die falsche Ärztin auch andere Kollegen in der Region aufsuchen könnte, will sie vor der Masche warnen. „Leider gibt es keine Fortbildungen, die über solche Betrugsmaschen aufklären“, sagt die Apothekerin. „Vor allem junge Mitarbeiter, die ja sehr bemüht sind, jeden Kundenwunsch möglichst zu erfüllen, dabei aber noch wenig Erfahrung und Menschenkenntnis haben, könnten darauf hereinfallen.“

Ein ähnlich gelagerter Fall hat sich vor etwa anderthalb Jahren in Baden-Württemberg ereignet. Eine vermeintliche Betrügerin soll sich als Rettungsassistentin oder Notärztin ausgegeben haben, eine Notsituation vorgetäuscht und in Apotheken Hypnotika verlangt haben. In den meisten Fällen rief die Frau zunächst in den Apotheken an und schilderte einen Notfall, für den sie Midazolam, Propofol und Ketamin brauche. In der Apotheke gab sie sich mal – entsprechend gekleidet – als Rettungsassistentin oder Ärztin aus, mal als Ehefrau eines Arztes, mit dem sie laut Polizei tatsächlich einmal liiert war.

Sie legte dann entweder gefälschte Rezepte oder eine handschriftliche Bestellliste dieses Arztes vor und zahlte die Medikamente in bar. Wurde sie nach ihrem Arztausweis gefragt, gab sie vor, ihn nicht dabei zu haben und nachreichen zu wollen.

Nicht nur öffentliche Apotheken hat sie mindestens seit 2014 auf diese Weise betrogen, sondern auch Krankenhausapotheken und Ärzte. In Kliniken soll sie Rezepte gestohlen oder mitgebrachte Blankoformulare abgestempelt haben. Mindestens 15 Apotheken sind der Frau zum Opfer gefallen, vor allem in Baden-Württemberg. Allerdings war sie auch jenseits der Landesgrenzen aktiv, etwa in Kaiserslautern, Gießen, Hungen, Nidda, Hennef (Sieg) und Norderstedt. Damals hat die Staatsanwaltschaft Baden-Baden ein Ermittlungsverfahren gegen die Frau eingeleitet.

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