Großhandel

Phoenix: Kahlschlag in den Niederlassungen?

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Berlin -

Fit für die Zukunft: So lautet der Name des Restrukturierungs- und Sparprogramms, das Phoenix vor einem Jahr aufgelegt hat. Die Gespräche mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich sind nun abgeschlossen, heute sollen die Details gegenüber der Belegschaft bekannt gemacht werden. In den Niederlassungen soll es erhebliche Streichungen geben.

Phoenix wollte sich vorab nicht zu Details äußern. Nach bislang unbestätigten Informationen sollen vor allem die Kundenservicecenter beziehungsweise die Auftragsannahmen betroffen sein. In zwei bis drei Jahren werde es nur noch zwei Standorte geben, berichtet ein Insider. Als erstes werde „ziemlich kurzfristig“ das Kundenservicecenter in Berlin geschlossen; dies sei bereits ein „offenes Geheimnis“ bei Phoenix.

Die Verwaltungen in den Regionalhäusern der derzeit acht Vertriebsregionen würden ebenfalls abgebaut. Der Versand werde an die Tochterfirma Transmed ausgelagert, wo es keinen Betriebsrat gibt und offenbar auch die Tarifvereinbarungen des Großhandels nicht gelten.

Insgesamt soll das mit Hilfe von McKinsey erarbeitete Programm Einsparungen in Millionenhöhe bringen, eine dreistellige Anzahl an Mitarbeitern muss angeblich das Unternehmen verlassen. Die neue Struktur sieht außerdem eine Reduktion der Betriebs- und Vertriebsregionen vor. Seit 2014 sind die 20 Niederlassungen in acht Clustern gebündelt, ab Februar soll es nur noch fünf Vertriebs- und vier Betriebsdirektionen geben.

Ziel ist es, dass der Vertrieb künftig zentral in Mannheim gesteuert wird – so will der Konzern nicht nur Kosten sparen, sondern auch besser kontrollieren, welche Konditionen gegenüber den Apotheken eingeräumt werden. Vor Ort sollen die Vorgaben stringenter umgesetzt werden. Auch das Debitorenmanagement soll künftig nicht mehr in den Niederlassungen angesiedelt sein.

Prozessspezialisten und zusätzliche Projektleiter sollen die Verbesserung der betrieblichen Kennzahlen sicherstellen; hier treten dem Vernehmen nach zwei interne und zwei externe Kandidaten an. Durch die Optimierung der Verteilstrategie sollen die Defekte reduziert werden. Das in der Niederlassung in Herne angesiedelte bundesweite Verteilzentrum soll geschlossen werden, alleine hier sollen dem Vernehmen nach 90 Mitarbeiter freigesetzt werden.

Als Betriebsdirektor für die Region West (Hanau, Bad Kreuznach, Köln, Mannheim) kommt Christoph Datko von Benteler an Bord. Roland Zimmermann betreut die Region Nord (Hamburg, Oldenburg, Hannover, Münster, Bielefeld und Herne), Bernd Dziawer die Region Ost (Berlin, Cottbus, Leipzig, Gotha, Göttingen) und Uwe Macher die Region Süd (Neuhausen, Freiburg, Fürth, Augsburg, München).

Der erweiterte Verantwortungsbereich der Betriebsdirektoren umfasst laut internen Konzernunterlagen die Führung und Entwicklung der Niederlassungsleiter, die Sicherstellung zentraler Standards und die Einhaltung der mit der Geschäftsleitung in Mannheim abgestimmten Budgets. Außerdem sollen sie an der strategischen Ausrichtung von Strukturen und Prozessen mitarbeiten und betriebliche Exzellenz-Initiativen erarbeiten und durchführen.

Die neuen Vertriebsdirektoren sind Stefan Eck (Nordwest: Hamburg, Oldenburg, Hannover, Göttingen), Alexander Kluschke (Nordost: Gotha, Leipzig, Berlin, Cottbus), Florian Altenhof (Region Mitte: Münster, Bielefeld, Herne, Köln), Heiko Senfleben (Bad Kreuznach, Mannheim, Neuhausen, Freiburg) und Florian von Stürler (Südost: Hanau, Fürth, Augsburg, München).

Sie sollen jeweils für rund 14 Gesamtvertriebsleiter sowie die Gebietsverkaufsleiter verantwortlich sein. Außerdem sollen sie mit Gruppen verhandeln und Repräsentationsfunktionen übernehmen. Die „Zentralisierung der Vertriebsunterstützung“ soll eine fokussiertere Führungstätigkeit vor Ort ermöglichen, heißt es.

Auch die Niederlassungsleiter stehen jetzt alle fest. Bis auf Hamburg, Göttingen und Freiburg werden alle Stellen intern besetzt. Die drei Neuzugänge treten aber wohl erst im März ihren Dienst an. Bereits gesetzt waren Matthias Britze (Berlin), Stephan Lichtenheldt (Oldenburg), Karl-Heinz Berschet (Herne), Elmar Gawollek (Köln), Marco von Seiller (Bielefeld) und Christoph Greulich (Mannheim). Ulrike Brentzel, bislang als Vertriebsleiterin Süd für die Niederlassungen München und Augsburg verantwortlich, wechselt in den Einkauf. Franz Schrödl, Vertriebsleiter Nordost (Berlin, Hamburg und Cottbus) geht in den Ruhestand.

„Das Ziel ist, Phoenix im größten europäischen Markt zukunftssicher aufzustellen“, sagte Deutschlandchef Marcus Freitag im Sommer zum Sparprogramm. Schließungen von Niederlassungen werde es nicht geben; die Standorte würden vielmehr durch die neue Struktur gestärkt. „Die Nähe zu unseren Kunden ist uns sehr wichtig. Wir werden die Apotheken vor Ort weiterhin schnell und sicher beliefern und ein umfassendes Serviceangebot anbieten“, betonte Freitag.

Der Konzern hatte eingeräumt, dass die geplanten Veränderungen Auswirkung auf Arbeitsplätze haben können. Es könne in den verschiedenen Unternehmensbereichen aber auch zu Stellenaufbau und zu Verlagerungen an andere Standorte kommen. Durch die zentrale Führung und Steuerung sowie durch Kompetenzteams soll die Organisationsstruktur effizienter werden, hieß es weiter. Außerdem sei geplant, die Prozesse unternehmensweit weiter zu standardisieren.

Beim vorangegangenen Sparprogramm „Forward“ hatte Phoenix vor fünf Jahren mit dem Ziel, jährlich 100 Millionen Euro einzusparen, zunächst vor allem im Ausland den Rotstift angesetzt. Dann wurden administrative Aufgaben auch in Deutschland in den Niederlassungen gebündelt, bis zu 380 der insgesamt rund 4000 Arbeitsplätze wurden nach Konzernangaben „verlagert beziehungsweise abgebaut“. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht vollständig zu vermeiden gewesen, hieß es.

Geschäftlich läuft es bei Phoenix weiterhin rund: Bei der Vorlage der Zahlen der ersten drei Quartale konnte der Konzern erneut Anstiege bei Umsatz (plus 2,6 Prozent) und Gewinn (plus 28 Prozent) vermelden. Allerdings ist die Ertragslage in Deutschland seit Jahren unbefriedigend: „Die Marge in Deutschland reicht nicht aus“, so Konzernchef Oliver Windholz bei der Präsentation der Geschäftszahlen für das vorangegangene Geschäftsjahr. Phoenix ist mit einem Marktanteil von 28 Prozent hierzulande die Nummer 1.

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