EuGH-Urteil

Roßmann: Boni kosten Apotheken

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Berlin -

Das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung schlägt Wellen weit über die Apothekenbranche hinaus. Dirk Roßmann, Gründer und Geschäftsführer der gleichnamigen Drogeriekette, fühlt sich an seine eigene Anfangszeit erinnert – und wagt bereits eine Prognose.

Das Wachstum seiner Drogeriekette sei nur möglich geworden durch die Aufhebung der „Preisbindung der 2. Hand“ im Jahr 1974, sagte Roßmann beim Wirtschaftstag der Volksbanken Raiffeisenbanken in Frankfurt. Dies stehe nun womöglich auch den Apotheken bevor.

Dem Drogeriechef zufolge lassen sich durch die Aufhebung der Rx-Preisbindung Millionen einsparen. Gleichzeitig könnten Boni im Versandhandel möglicherweise die flächendeckende Versorgung mit Apotheken verringern.

Dabei könnte Rossmann selbst eine unrühmliche Rolle spielen, denn in den Filialen liegen Prospekte von DocMorris aus. Rossmann selbst verkauft neben Gesundheitsprodukten von Klosterfrau, Doppelherz & Co. sowie der Eigenmarke Altana seit 2009 auch Präparate aus der Apotheke. Das Angebot von aktuell rund 80 Artikeln soll ausgebaut werden. Die Hälfte der Märkte ist inzwischen mit dem überwiegend apothekenexklusiven Sortiment „Gesundheit plus“ ausgestattet. Mit den Neueröffnungen sollen kontinuierlich weitere Filialen hinzukommen. Pick-up-Stellen gab es bei Rossmann nie.

Roßmann hatte 1972 in Hannover einen „Markt für Drogeriewaren“ eröffnet, der schon am ersten Tag von den Kunden überrannt wurde. Das Konzept der Selbstbedienung war neu, genauso wie die Discountidee. Roßmanns Großvater hatte sich bereits 1908 als Drogist selbstständig gemacht, doch der heutige Konzernchef hatte schnell die Idee, ein ganzes Netz von Filialen aufzubauen.

Das rasante Wachstum hatte seinen Preis: 1979 sackte die Eigenkapitalquote auf unter 20 Prozent ab. Roßmann holte sich Hannover Finanz – damals noch eine Tochtergesellschaft des Haftpflichtverbandes der Deutschen Industrie (HDI), heute Talanx – als Investor für die weitere Expansion an Bord. Das 40-prozentige Anteilspaket landete 2002 bei der niederländischen Drogeriekette Kruidvat. Schon zwei Jahre später schlug der asiatische Handelskonzern A.S. Watson zu.

Dessen Mutterkonzern Hutchison Whampoa, der rund ein Drittel der Marktkapitalisierung der Hongkonger Börse ausmacht und mehrheitlich im Besitz des Milliardärs Li Ka-shing ist, hatte zuvor Kruidvat gekauft und eine Option auf die Rossmann-Anteile.

Heute ist Rossmann nach dm die zweitgrößte Drogeriekette in Deutschland. Im vergangenen Jahr erzielte die Kette mit Hauptsitz in Burgwedel rund 7,9 Milliarden Euro Umsatz, davon entfielen rund 5,8 Milliarden Euro auf die 1991 Filialen in Deutschland. Insgesamt betreibt der Konzern 3500 Geschäfte in sechs Ländern. Von den insgesamt rund 47.400 Mitarbeitern sind 29.000 in Deutschland beschäftigt.

Derzeit baut der Konzern mit dem Projekt „Rossman Business Partner“ einen neuen Vertriebsweg auf. Firmenkunden können mehr als haushaltsübliche Mengen bestellen und erhalten bei vielen Artikeln einen Mengenrabatt. Verschiedene Branchen werden angesprochen, darunter Arztpraxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Die Bestellung wird direkt an eine Wunschadresse geliefert. Angeboten werden die verschiedenen Eigenmarken von Rossmann.

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