Kommentar

Douglas: Beauty trifft Rx

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Berlin -

Jahrelang wurde vor dem Schreckgespenst Amazon-Apotheke gewarnt, darüber diskutiert und gemunkelt – jetzt ist die erste große Übernahme einer Apotheke durch einen branchenfremden Handelskonzern da. Mit dem Kauf des niederländischen Versenders Disapo führt die Parfümeriekette Douglas die Bereiche Beauty und Arzneimittel zusammen. Bei den Vor-Ort-Apotheken wird der neue Mitbewerber zunächst weniger zu spüren sein, anders bei den Versendern: Shop-Apotheke, DocMorris & Co. bekommen einen prominenten und reichweitenstarken Gegenspieler vorgesetzt.

Douglas ist nahezu jedem ein Begriff. Mit den Parfümerien in gefühlt jeder größeren Einkaufsstraße erarbeitete sich der Düsseldorfer Konzern seine Markenbekanntheit. Mit rund 47 Millionen „Beautycard“-Inhaber:innen verfügt der Konzern über eine ernst zu nehmende Reichweite. Im Vergleich: Shop Apotheke Europe zählt 7,9 Millionen aktive Kund:innen. Und Douglas wird sicherlich die eigenen Kund:innen mit Newslettern über die neue eigene Versandapotheke informieren. Verschiebungen bei den Onlineumsätzen im Apothekenmarkt sind entsprechend zu erwarten.

Mit der Einführung des E-Rezepts könnten auch die Vor-Ort-Apotheken den neuen Marktteilnehmer zu spüren bekommen. Die Grenze zwischen Wellness und Gesundheit verschwimmt: So wie Kosmetik zur Apotheke gehört, sollen Arzneimittel künftig zu Douglas gehören. Selbst Rx will man anbieten – Berührungsängste kennt der Konzern nicht. Die Frage ist, ob die Kund:innen sie auf Dauer haben werden.

Dazu kommt ein neues Image in den Apothekenmarkt. Douglas steht nicht für die preisgünstigsten und billigsten Produkte. Die Kund:innen der Parfümerie sind mit Luxusmarken und hochpreisigen Schönheitsprodukten vertraut und dürften deshalb bereit sein, auch in teure apothekenpflichtige Produkte aus den Segmenten Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel oder Haarwachspräparate zu investieren. Nach dem Motto: Luxus statt Dumping.

In den vergangenen Jahren war Konzernchefin Tina Müller unter anderem damit beschäftigt, den Online-Bereich stark auszubauen. Heute ist Douglas mehr als Parfümerie und längst zur Plattform für verschieden Warengruppen geworden. Zuletzt wurde mehrfach betont, dass man sich in Hamburg bewusst „in Richtung Beauty- und Gesundheitsplattform“ entwickeln will. Dabei könne eine Online-Apotheke eine sinnvolle Ergänzung sein, wie Müller bereits anmerkte.

 

Das Online-Geschäft war für Douglas auch in der Pandemie ein wichtiges Zugpferd, zumal das Filialgeschäft auch vorher schon schwächelte. Denn in den ersten harten Lockdowns mussten die Vor-Ort-Geschäfte schließen, während Drogerien geöffnet bleiben durften. Diesen „Drogerie-Gate“ überstand der Konzern einigermaßen. Dass europaweit dennoch insgesamt rund 500 der bislang 2400 Parfümerien schließen, hängt mit dem veränderten Kaufverhalten zusammen, das immer mehr in den Online-Bereich wechselt.

Douglas hatte schon seit einigen Jahren ein Auge auf Apothekenprodukte geworfen, zunächst vor allem Kosmetik: 2018 gab es diverse Marken in der Hamburger Luxusfiliale „Douglas Pro“. Um die Depotverträge zu umgehen, wurden sogar Apotheker:innen und PTA gesucht und angestellt. Zuletzt kam auch in Frankfurt ein „Apotheken-Counter“ dazu. Online wurden diverse Produkte angeboten, zunächst in Kooperation mit der DocMorris-Schwester Apo-Rot, später mit Eurapon und Cocopha (Marien-Apotheke/Schongau).

Der deutsche Apothekenmarkt wird laut Douglas für 2020 auf rund 60 Milliarden Euro Umsatz geschätzt, in den Douglas-Kernländern Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Österreich und den Niederlanden belief sich das Volumen hier zuletzt auf geschätzte mehr als 100 Milliarden Euro. Auf den Onlinehandel entfielen in Deutschland 2020 rund 5 Prozent des Gesamtmarktes.

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