Österreich

Apotheken im Namen Christi

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Berlin -

In Österreich gibt es einige Apotheken, die älter sind als das Apothekengesetz: Obwohl eigentlich – wie in Deutschland – nur Apotheker Apotheken besitzen dürfen, gibt es fünf Klosterapotheken, die christlichen Orden gehören. Die Barmherzigen Brüder betreiben an ihren Krankenhäusern in Wien, Eisenstadt, Linz und Graz jeweils eine Apotheke, der Benediktinerstift Admont hat seine Apotheke verpachtet.

Die Barmherzigen Brüder des heiligen Johannes von Gott sind ein katholischer Krankenpflegeorden: Die Brüder legen neben den drei Gelübden Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit auch das Gelübde der Hospilität ab. Der Orden ist weltweit in 50 Ländern tätig und betreibt etwa 400 apostolische Werke.

In Deutschland betreibt der Orden rund 20 Einrichtungen – zum Beispiel Krankenhäuser, Hospize und Jugendhilfeeinrichtungen. In Österreich gehören den Barmherzigen Brüdern unter anderem sieben Krankenhäuser, an vier ist eine Apotheke angeschlossen. Die übrigen Kliniken verfügen über Medikamentendepots und werden von der ordenseigenen Apotheke in Linz versorgt.

Die Klosterapotheken sind so genannte „Apotheken sui generis“, also Apotheken eigener Art: Sie sind einerseits Krankenhausapotheken und versorgen die Kliniken der Orden, sind aber andererseits auch öffentliche Apotheken, bei denen Patienten Arzneimittel erhalten können.

Dass der Orden eigene Apotheken betreiben darf, ist im österreichischen Apothekengesetz verankert: Dort heißt es, das auf Grund früherer Vorschriften erworbene Recht zum Apothekenbetrieb bleibe aufrecht. Während Apotheken, die im Staatsbetrieb waren, nach und nach in das neue Recht überführt wurden, blieben die Klosterapotheken bestehen. Einem Sprecher der Österreichischen Apothekerkammer zufolge wurden diese Apotheken auch nie bekämpft, waren nie Gegenstand einer Verfassungsklage.

Die Apotheken der Barmherzigen Brüder bestehen schon lange: Die älteste ist die Offizin in Wien. 1614 wurden das Krankenhaus und die dazugehörige Apotheke gegründet. Die Bevölkerung nutzte die Apotheke auch – sie war die erste außerhalb der Stadtmauer und daher auch nach dem Schließen der Stadttore zu erreichen.

1713 erhielt die Apotheke mit der kaiserlichen Apothekenordnung die offizielle Erlaubnis, Medikamente zu verkaufen. Seitdem ist sie eine rechtlich anerkannte öffentliche Apotheke.

Die „Apotheke zum Granatapfel“ in Eisenstadt existiert seit 1760. Fürst Paul II. Anton Esterházy gestattete dem Orden damals, „auf ewig“ eine Apotheke zu führen. Das Mobiliar der Apotheke im Rokokostil aus dem Gründungsjahr ist noch im Original erhalten. Bis 1945 lagen die Verantwortung und die Verwaltung der Apotheke vorwiegend in den Händen der Ordensbrüder. Seitdem sind weltliche Apotheker für das Geschäft verantwortlich.

„Wir haben etwa 40 Brüder“, erklärt ein Sprecher der österreichischen Ordensprovinz. Zu der Provinz gehören neben Österreich auch Ungarn, die Slowakei und Tschechien. Es sei gar nicht möglich, die Arbeit allein zu bewältigen, so der Sprecher. Nur in einem Medikamentendepot sei ein Bruder tätig, alle anderen Mitarbeiter seien keine Ordensmitglieder.

Auch in den anderen Staaten betreiben die Barmherzigen Brüder Krankenhäuser und Apotheken: In Ungarn gehören dem Orden zwei Apotheken in Budapest und Pécs. In der Slowakei betreiben die Barmherzigen Brüder eine Apotheke in Bratislava, eine zweite in Skalica haben sie verpachtet. Zwei weitere Apotheken führt der Orden in Brno und Letovice in Tschechien.

Die Apotheken sind zwar historisch eingerichtet, aber modern ausgestattet: Die Klosterapotheke in Linz beispielsweise verfügt seit einigen Jahren über zwei Blisterautomaten und verblistert für zehn Seniorenheime und Behinderteneinrichtungen in ganz Österreich. In der Apotheke in Eisenstadt arbeiten viele Apotheker als klinische Pharmazeuten eng mit dem Klinikpersonal zusammen.

Bis auf die Ausnahmeregelung bei den Besitzverhältnissen unterliegen die Klosterapotheken in Österreich den gleichen Gesetzen wie „normale“ Apotheken. Auch bei für kirchliche Einrichtungen kontrovers diskutierten Präparaten wie Notfallkontrazeptiva gibt es keine Ausnahme: Die Klosterapotheken seien verpflichtet, alle Arzneimittel abzugeben, betont der Sprecher. Allerdings kann eine Apotheke natürlich nicht dazu verpflichtet werden, alle Präparate immer vorrätig zu haben.

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