Logistische Herausforderungen

Kaum genutzt: Antikörpertherapien verstauben in Kliniken

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Berlin -

Im Januar hatte Gesundheitsminister Jens Spahn bekanntgegeben, dass er Antikörper-Therapien im Wert von 400 Millionen Euro geordert hatte. Von den 200.000 Dosen wurden bislang jedoch nur wenige eingesetzt – denn die Logistik der monoklonalen Antikörper bringt ihre Hürden mit sich.

Eine Behandlung mit monoklonalen Antikörpern hat sich in der Covid-Therapie mittlerweile als wirksam erwiesen. Die im Januar gekauften Dosen sollten spezialisierten Krankenhäusern zur Verfügung gestellt werden. Konkret handelt es sich bei den Therapien um den Antikörper Bamlanivimab, der vom US-Pharmakonzern Eli Lilly entwickelt wird, zum anderen um die beiden gleichzeitig zu verabreichenden Antikörper Casirivimab/Imdevimab des US-Herstellers Regeneron.

Bislang nur Zufallstreffer

Doch bislang wurden nur wenige Dosen verabreicht, wie Infektionsimmunologe Leif Erik Sander bei einer Pressekonferenz erklärte: Denn die Therapien sind nur in einem sehr frühen Krankheitsstadium wirksam – also vorwiegend in der ambulanten Phase der Erkrankung. Die Auslieferung erfolgte jedoch an Krankenhäuser. „Wenn ein Patient wegen einer Covid-19-Erkrankung in die Klinik kommt, ist er gar nicht mehr geeig­net“, erklärte Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Berliner Charité.

Die bisher verabreichten Dosen waren somit eher Zufallstreffer: Die Patienten hätten eigentlich aus anderen Gründen die Klinik aufgesucht – dabei sei dann eine Covid-Infektion festgestellt worden. Entsprechend seien dann die Antikörper zum Einsatz gekommen. Auch bei Patienten, die selber keine Antikörper produzieren, seien Therapieversuche unternommen worden.

Die Antikörper müssen intravenös verabreicht werden – eine Applikation in der Praxis ist daher nicht möglich. „Und wir können sie nicht ins Krankenhaus einbestellen, da sie dafür nicht krank genug sind“, erklärt Sander. Um eine passende Lösung zu finden, würden derzeit Gespräche mit dem BMG laufen: Eine Möglichkeit wäre die Gabe über den KV- oder Rettungsdienst. „Sie könnten die Antikörpermedikamente zu den Patienten nach Hause bringen, sie dort intravenös verabreichen und den Patienten anschließend überwachen.“

Aufgrund der dritten Welle und der enormen Anforderungen an die Intensivkapazitäten sei es „von größter Dringlichkeit“, die verfügbaren Antikörpermedikamente in die ambulante Versorgung zu bringen. „Wenn wir demnächst 20.000 oder 40.000 Infektionen am Tag haben, kann ich mir gut vorstellen, dass wir mit den Antikörpermedikamenten über ein paar Wochen oder Monate richtig etwas von der Spitze [der Hospitalisierungen] wegnehmen können“, so Sander.

Als wichtigste Zielgruppe für Antikörper-Therapien nennt der Mediziner Pa­tienten mit einem Risikoprofil: Beispielsweise Menschen über 70 Jahre, die noch nicht geimpft sind und jetzt in der dritten Welle positiv auf Sars-CoV-2 getestet werden – „möglicherweise gar mit der britischen Vari­ante des Virus“.

Neue Daten von Regeneron

Denn die Antikörper zeigen eine signifikante Senkung der Hospitalisierungsrate – wenn sie früh genug verabreicht werden. Regeneron stellt aktuell neue Daten zu seiner Therapie vor: Demnach könne die Kombination aus Ca­sirivimab und Imdevimab das Risiko einer Krankenhauseinweisung oder eines Todesfalls um 70 Prozent reduzieren. Außerdem werde die Dauer der Symptome um vier Tage reduziert. Der Antikörper-Cocktail wurde an Patienten getestet, die nicht im Krankenhaus behandelt wurden, jedoch ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf aufwiesen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur hatte im Februar mit dem Rolling Review begonnen.

 

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