Apothekenreform

Teildienste: 200 Euro für zwei Stunden?

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Berlin -

Mit der Apothekenreform soll eine langjährige Forderung aus der Apothekerschaft umgesetzt werden: Auch Teildienste sollen vergütet werden. Das vorgesehene Modell und vor allem die dafür angedachte Vergütung dürfte für Inhaberinnen und Inhaber vergleichsweise attraktiv erscheinen.

Mit der Apothekenreform soll die Dienstbereitschaft grundlegend neu aufgestellt werden. Apotheken sind nicht mehr dauerhaft zur Dienstbereitschaft verpflichtet und können von den Kammern davon befreit werden; vielmehr können die Inhaberinnen und Inhaber ihre Öffnungszeiten selbst festlegen. „Die zuständige Behörde kann zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, insbesondere für Notdienste während der Nacht, sonntags und an gesetzlichen Feiertagen, anordnen, dass der Betreiber seine Haupt- und Filialapotheken während bestimmter Zeiten dienstbereit zu halten hat“, heißt es im Entwurf zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und der Arzneimittelpreisverordnung (AmPreisV).

Parallel soll mit dem Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) die Struktur und Vergütung der Notdienste neu geregelt werden. Wie bislang haben Apotheken, die die angeordneten Notdienste geleistet haben, Anspruch auf die Pauschale. Dabei wird aber künftig in § 20 Apothekengesetz (ApoG) unterschieden zwischen

  • Apotheken, die durchgehend in der Zeit von spätestens 20 Uhr bis mindestens 6 Uhr des Folgetages Notdienst leisten und
  • Apotheken, die durchgehend in der Zeit von mindestens 20 Uhr bis 22 Uhr Notdienst leisten; dieser darf nicht im zeitlichen Zusammenhang mit einem Nachtdienst stehen.

Wie bislang werden die Notdienste quartalsweise spätestens bis zum Ende des folgenden Monats durch die Kammern an den Deutschen Apothekerverband (DAV) gemeldet. Der DAV setzt für jedes Quartal den pauschalen Zuschuss fest und zahlt ihn über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) an die Apotheken aus. Dabei gibt es pro Nachtdienst die volle Vergütung, pro Teildienst wird ein Fünftel davon gezahlt.

Entlastung der Apotheken

Das neue Modell soll laut Entwurf dem Erhalt von Apothekenstandorten vor allem in ländlichen Gebieten dienen: „Die Festlegung von Teilnotdiensten in Randzeiten ermöglicht im Rahmen von Notdienstkonzepten insbesondere im ländlichen Raum eine Sicherstellung der Arzneimittelversorgung bei gleichzeitiger Entlastung von Apotheken, die ansonsten in diesen Zeiten zu Vollnotdiensten herangezogen werden müssten. Um diese Versorgung von Patientinnen und Patienten zu Randzeiten finanziell zu unterstützen, wird ein Zuschuss für erbrachte, von der zuständigen Landesbehörde angeordnete Teilnotdienste eingeführt. Dabei sind bestimmte Randzeiten abends zu berücksichtigen.“

Da außerdem der eigentlich für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) gedachte Zuschuss auf den Notdienst umgelegt werden soll, könnten künftig 41 statt 21 Cent je Packung in diese Rücklage gehen. Die Pauschale pro Notdienst könnte entsprechend zuletzt rund 550 Euro bei gleich bleibender Anzahl an Packungen und Notdiensten auf rund 1100 Euro steigen. Je Teildienst wären also mehr als 200 Euro drin – für gerade einmal zwei Stunden.

Abhängig ist diese Zahl von zwei Entwicklungen: Fallen weiterhin Notdienste weg, steigt die Pauschale pro Notdienst – egal ob Voll- oder Teildienst. Zuletzt hatten vier große Kammerbezirke – Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz – die Notdienstverteilung optimiert, daher fallen seit Anfang 2024 deutlich weniger Notdienste an: Statt rund 95.000 Diensten pro Quartal werden nur noch etwas mehr als 75.000 geleistet. Und dann ist offen, wie viele Teildienste durch die neue Vergütung hinzukommen. Die Politik will hier jedenfalls Anreize setzen: „Über Zuschüsse auch für Teilnotdienste sollen die Länder in intelligenten Notdienstkonzepten zudem eine flexiblere, das Personal weniger belastende Notdiensteinteilung vorsehen können“, heißt es weiter.

Kein Anspruch auf Teildienste?

Allerdings gibt es keinen Anspruch auf Teildienste. „Den Behörden wird die Möglichkeit gegeben, Apotheken zur Mitteilung ihrer Öffnungszeiten zu verpflichten. Insbesondere zur Planung von Notdiensten können diese Informationen relevant sein“, heißt es im Entwurf. Da Zweigapotheken kein Nachtdienstzimmer vorhalten müssen, können diese zu Teilnotdiensten, nicht aber zu Diensten während der Nacht verpflichtet werden.

Vor allem aber wird die Vergütung nur temporär angehoben: Sobald die Verhandlungslösung steht, sollen für die Versorgung relevante Apotheken auf Grundlage von Geodaten und weiteren Parametern einen eigenen Zuschuss erhalten. Dann würde die Notdienstpauschale wieder sinken.

„Durch die von den Apotheken geleisteten Nacht- und Notdienste wird die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung außerhalb der regulären Öffnungszeiten gewährleistet. Nacht- und Notdienste leisten deshalb einen wichtigen Beitrag zur Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Apotheken, die sich in Regionen mit geringer Apothekendichte befinden, müssen gegenüber Apotheken, die in Regionen mit hoher Apothekendichte liegen, häufiger Nacht- und Notdienste ableisten. Die zwischenzeitliche Erhöhung des Zuschlags zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes kommt somit insbesondere Apotheken in ländlichen Gebieten zugute.“

Notdienst bleibt Verlustgeschäft

Die Treuhand Hannover hat bereits ausgerechnet, dass durch die Verdopplung der Notdienstpauschale der reine Nachtdienst in ein leichtes Plus drehen könnte. Heute gibt es nach den Berechnungen Einnahmen in Höhe von 871 Euro – 270 Euro durch Warenverkauf, 45 Euro durch Notdienstgebühr und 556 durch Notdienstpauschale. Dem stünden Kosten in Höhe von 1124 Euro gegenüber, davon 888 Euro für Personal. Unter dem Strich stehe also ein Verlust von 253 Euro. Nach der Reform könnte die Notdienstpauschale auf 1112 Euro steigen, sodass bei gleich bleibenden sonstigen Einnahmen und leicht steigenden Kosten ein Plus von 227 Euro übrig bleibe. „Aber das ist auch nichts, wofür man sich die Nacht um die Ohren schlagen will“, so der Generalbevollmächtigte Dr. Sebastian Schwintek. Und der 24-stündige Notdienst bleibe weiter defizitär, auch wenn sich der Verlust von 957 auf 511 Euro halbiere.

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