„Werde ich nicht mehr erleben“

Inhaberin: 20 Tage PTA-Vertretung reichen nicht

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Berlin -

Mit zwei Apotheken und einer Berufserfahrung von 35 Jahren kennt Kathrin Göpffarth die Branche. Die Inhaberin aus Thüringen erlebte mehrere Apothekenreformen und „überlebte“ mehrere Gesundheitsministerinnen und -minister. Die neuesten politischen Pläne sieht sie kritisch. Nicht nur eine Anhebung des Fixums fehle, auch die PTA-Vertretung hat einen Fehler: Sie sei viel zu kurz.

Göpffarth beschäftigt in ihren zwei Apotheken acht PTA. Die Inhaberin der Apotheke am Theater in Nordhausen befürwortet die geplante Vertretungsmöglichkeit. Dadurch würden auch ihre Approbierten und die Pharmazieingenieurin, die bereits im Ruhestand ist und noch wenige Stunden in der Apotheke arbeitet, entlastet. Die 62-Jährige ist von den Fähigkeiten ihrer PTA überzeugt. „Gerade diejenigen, die schon 30 Jahre bei mir arbeiten, wissen intuitiv, was ich denke und wie ich entscheiden würde.“

Höchstens zehn Tage am Stück

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will mit einer Weiterqualifizierung für PTA eine Vertretungsmöglichkeit schaffen. So sollen sie Apothekenleiter maximal 20 Tage im Jahr, davon zusammenhängend höchstens zehn Tage vertreten dürfen. Tage, an denen die Apotheke nicht dienstbereit ist, werden hierbei nicht einberechnet. Während der Dauer der Vertretung gelten die Pflichten eines Apothekenleiters.

Die Regelung gilt nur für Apotheken, in denen sie bereits ohne Beaufsichtigung arbeiten und nicht für spezialisierte Apotheken wie Zytostatikaherstellung. Der Entwurf knüpft außerdem an das Entfallen der Pflicht zur Beaufsichtigung an, der eine mindestens einjährige Berufstätigkeit im Verantwortungsbereich der Apothekenleitung voraussetzt. Eine Vertretungstätigkeit kann somit nicht unabhängig in unterschiedlichen Betrieben erfolgen. Zudem kann eine Vertretung der Apothekenleitung durch PTA nur erfolgen, wenn keine weiteren vertretungsberechtigten Personen – also Apotheker oder Pharmazieingenieure – anwesend sind.

PTA wie Pharmazieingenieure

Für Göpffarth sind die 20 Tage aus der Luft gegriffen. Woher diese Zahl komme, sei unerklärlich. „Das ist zu wenig. Es sollte die gleiche Menge an Tagen sein wie für Pharmazieingenieure“, fordert die Apothekerin. Diese Berufsgruppe und Apothekerassistenten dürfen die Leitung pro Jahr nicht länger als insgesamt vier Wochen vertreten.

Die Apothekerin kritisiert auch, dass „wieder viel zu viel Zeit vergeht, bis die PTA-Vertretung in der Praxis ankommt“. Für sich selbst erwartet sie mit Blick auf eine Nachfolgeregelung, dass sie dies „nicht mehr erleben“ werde. Zwar seien all ihre PTA aufgeschlossen dafür, doch die lange berufsbegleitende Weiterbildung schaffe Hürden. Denn wer wolle das schon auf sich nehmen? Offen ist auch, was die Zusatzausbildung kosten und wie sie angeboten wird.

Kritik an PTA-Abwertung

Sorgen und Ängste von Kolleg:innen wie etwa die Öffnung hin zum Fremdbesitzverbot oder eine Wertminderung des Apothekerberufes kann sie nicht nachvollziehen. Die Inhaberin ist entsetzt über die Aussagen von Standespolitikern, die die Qualifikation von PTA herabwürdigen. „Das führt zur Spaltung“, sagt sie. „Für PTA ist das ein Schlag ins Gesicht. Die Äußerungen sind schlimm und ein Schlag für PTA, die uns täglich stützen.“

Wegen der ausbleibenden Honorarerhöhung überlegt Göpffarth, wo sie noch sparen kann. Eine befriedigende Antwort darauf hat sie bislang nicht gefunden. „Das einzige was bleibt, sind die Personalkosten. Aber jetzt anzufangen, Personal zu entlassen, wäre tödlich für die Apotheke. Von daher wäre eine PTA-Vertretung schon entlastend, auch wenn die 20 Tage sinnlos sind.“ Die Apotheken kämpften um die pure Existenz. „Ohne eine angemessene Honorierung ist die Apotheke auf Dauer nicht tragbar.“

650 Stunden in zwei Jahren

Laut Entwurf sollen sich PTA für zwei Jahre berufsbegleitend schulen lassen, und zwar mindestens 650 Stunden. Das Curriculum für die Weiterqualifizierung legt die Bundesapothekerkammer (BAK) fest. Dabei sind laut Entwurf tiefergehende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu den verschiedenen Themen zu vermitteln:

  • Klinische Pharmazie, insbesondere die patientenbezogene Anwendung von Arz-neimitteln einschließlich der notwendigen Beratung,
  • Abgabe von Arzneimitteln, insbesondere
    • Umgang mit Lieferengpässen sowie Importarzneimitteln
    • Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots einschließlich der Berücksichtigung von Rabattverträgen
    • Umgang mit der Abgabe von Betäubungsmitteln und
    • Erkennen der eigenen fachlichen Grenzen,
  • Abgabe von apothekenpflichtigen Medizinprodukten
  • Rechtskunde
  • Umgang mit Telepharmazie und digitalen Anwendungen einschließlich der elektronischen Patientenakte
  • Personalführung einschließlich der Beaufsichtigung von Personal der Apotheke und
  • Verantwortung im Bereich Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln einschließlich der Freigabe von vom pharmazeutischen Personal der Apotheke hergestellten oder geprüften Arzneimitteln.
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