Chaos bei Heimversorgung & Engpass bei Tests

Apothekerin berichtet von Ausnahmesituation

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Berlin -

Die Lage in Sachsen ist Ernst. Apothekerin Beate Schubert-Zeißler aus Dresden und ihr Team sind angesichts der explodierenden Fallzahlen an Covid-19-Patient:innen am Limit. Die Belastung sei enorm, sagt die Inhaberin der Apotheke Nausslitz-Center. Gerade jetzt sei die Vor-Ort-Apotheke für die Bevölkerung besonders wichtig. Täglich teste sie im Schnitt zwei Personen positiv auf eine Infektion mit Sars-Cov-2. Zudem wirkten sich die personellen Ausfälle etwa in Pflegeheimen auch auf die Abläufe der Apotheke aus. Dazu komme, dass die Lieferkette für Antigen-Schnelltests nach dem Aus der kostenlosen Bürgertestungen zusammengebrochen sei.

Als Schubert-Zeißler vor kurzem einen Anruf einer Kita erhielt, die dringend tausende Lollytests benötigte, konnten ihre Großhändler nicht weiterhelfen. Sie seien nicht mehr bevorratet, sagt die Apothekerin. „Die gesamte Lieferkette ist nach dem Ende der kostenlosen Bürgertests zusammengebrochen.“ Sie ließ ihre Kontakte in sozialen Netzwerken spielen und fragte nach bis zu 5000 Stück. Die Knappheit sei in den Einrichtungen deutlich zu spüren, sagt sie.

Sars-Cov-2 werde aktuell vermehrt über Kinder weitergegeben, beschreibt die Apothekerin die Lage in Dresden. „Es ist massiv, was hier los ist. Es gibt vor allem viele positive Kleinstkinder und wir haben ‚Quarantänisierungen‘ von ganzen Gruppen.“ Ein Kinderarzt von einer Intensivstation habe ihr berichtet, dass die Kinder entweder kaum Symptome zeigten oder gleich an das Beatmungsgerät angeschlossen werden müssten. Auch in anderen Apotheken in Sachsen sind Inhalationsgeräte momentan wegen bronchialen Infekten stark gefragt.

Glücklicherweise hätten sich Anbieter auf ihre Anfrage nach den Schnelltests zurückgemeldet, sagt Schubert-Zeißler, die selbst zwei kleine Kinder hat. „Das waren aber nicht die großen Lieferanten, sondern schnellere und beweglichere Apotheker, die mit guten Kontakten die Versorgung aufrechterhalten.“ Früher wäre sie mit Angeboten „bombardiert“ worden. „Heute bin ich froh über drei Rückmeldungen.“

Das Ausmaß der vierten Welle und die Höhe der Fallzahlen habe sie „völlig überrollt“. Wie viele Apotheken testet die Apotheke Nausslitz-Center seit Monaten. „Wir sind hier der vorherrschende Testanbieter gewesen.“ In Stoßzeiten seien pro Woche drei Menschen positiv getestet worden. „Jetzt habe ich täglich zwei positiv bestätigte PCR-Testergebnisse.“ Die Apothekerin geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da im Vergleich zur Zeit der kostenlosen Bürgertestungen aktuell nur etwa 6 Prozent getestet würden.

 

Viele Kund:innen kämen mit einem positiven Laientest in die Apotheke. „Sie werden von Praxen abgewiesen“, sagt die Apothekerin. „Ich darf anders als die Ärzte den PCR-Test aber erst abrechnen, wenn ich vorher einen Schnelltest gemacht habe. Das bedeutet mehr Aufwand und mehr Kosten. Aber mir sind da die Hände gebunden.“ Die Apotheken seien benachteiligt, obwohl sie eigentlich die erste Anlaufstelle seien. Im Gegensatz zu Arztpraxen seien die Apotheken beispielsweise nicht Freitagnachmittag geschlossen. „Da ist hier Highlife.“ Die Schnelltests könne sie ebenfalls über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnen, da „Gefahr im Verzug“ ist, wenn die Kund:innen einen Laientest gemacht haben.

Die Ausfälle aufgrund von Covid-19-Erkrankungen oder Quarantäne-Regeln spürt nicht nur die Apothekerin. „Wir haben einen Coronafall, außerdem fällt noch eine schwangere Mitarbeiterin aus“, sagt sie. Besonders schlimm sei die Lage in den Pflegeheimen. „Das Personal dort ist massiv betroffen. Teilweise fallen komplette Teams aus.“ Das führe dazu, dass beispielsweise keine Sammelbestellungen für einen Monat gemacht würden. „Es muss schnell gehen. Hier wird angerufen, um eine Packung zu bestellen. Der nächste Mitarbeiter ruft einen Tag später an, um noch eine zu bestellen und das an fünf Tagen hintereinander.“ Die Apotheke wiederum reiche die „dringenden“ Anfragen an die Praxen weiter. „Wir sind dadurch fünffach belastet“, sagt sie.

Die Apothekerin warnt vor einer unzureichenden Aufklärung über das Coronavirus und die Schutzimpfungen in der Gesellschaft. „Wir bekommen abstruse Anrufe“, sagt sie. Die Menschen meldeten sich in der Apotheke, weil es ihnen unangenehm sei, die Bedenken woanders zu äußern. „Ein Kunde habe am Telefon gefragt, was er gegen den Körpergeruch tun könne, da er sich wegen der Impfung nicht waschen könne“, schildert sie. Die Leute seien verunsichert und verzweifelt.

Gerade habe eine junge Mutter von einer Entbindungsstation angerufen, die ratlos sei. Ihr Mann und Teile der Familie seien plötzlich positiv getestet und in Quarantäne. Sie wisse nicht, wohin sie mit ihrem Neugeborenen könne, da sie entlassen werde. „Die Frau wurde von mir eine halbe Stunde beraten, sie hat Hilfe suchend angerufen. Ich habe die Zeit eigentlich nicht, aber kann sie doch nicht abweisen. Genau dafür braucht es doch ein niederschwelliges Angebot.“ Aufgrund der aktuellen Situation staut sich die Arbeit an anderen Stellen. „Ich muss noch 200 BtM-Rezepte dokumentieren“, sagt Schubert-Zeißler. Während der Arbeitszeit komme sie einfach nicht dazu.

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