Apotheken werden weitergeführt

Rezeptbox-Apothekerin ist insolvent

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Berlin -

Ihre Rezeptsammelbox in einem Supermarkt sorgte vor Jahren für Aufsehen in der Branche. Die Aufsicht sah die Sammelstelle kritisch, dennoch wurde der Fall höchstrichterlich zu Gunsten der Inhaberin entschieden. Jetzt ist Dr. Kerstin Boje-Petzokat insolvent – ihre beiden verbliebenen Apotheken in Herne werden in Eigenverwaltung weitergeführt. An Marketingideen mangelt es ihr hingegen nicht.

In die finanzielle Schieflage kam Boje-Petzokat bereits vor Monaten. Sie konnte ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen. Im November ging der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei Gericht ein. Wegen Zahlungsunfähigkeit wurde Anfang Februar das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Apothekerin führt die Apotheke am Stadtgarten und die Pinguin Apotheke in Herne.

Bonus fürs E-Rezept-Einlösen

Für die Betriebe wurde Eigenverwaltung angeordnet. Die Inhaberin ist berechtigt, unter der Aufsicht des Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen. Zudem wurde ihr mit einer zulässigen Restschuldbefreiung der wirtschaftliche Neustart ermöglicht. Der Mann der Apothekerin, Marcus Petzokat, bestätigte auf Anfrage, dass die beiden Betriebe weitergeführt werden. Über die Gründe der Insolvenz oder Maßnahmen für ein stabiles Ergebnis wollte er nicht sprechen.

Zur Kundenbindung wird aktuell ein Bonus beworben: Wer sein Rezept in der Apotheke einlöst, bekommt die Parkgebühr oder die Busfahrkarte erstattet. Der Erstattungsbetrag liege bei „maximal 1 Euro“, heißt es. Zudem wird auf den kostenlosen Botendienst und das „Baby-Mobil“ aufmerksam gemacht, das Arzneimittel kostenfrei innerhalb einer Stunde im Stadtgebiet Herne liefert, wenn die Arzneimittel am Lager seien. Auch Sammeltaler werden angeboten.

Erfolgreicher Kampf für die Rezeptbox

Boje-Petzokat hatte im Dezember 2014 eine Rezeptsammelbox in einem Edeka-Supermarkt installiert und damit für Wirbel gesorgt. Mit einem zwei Meter großen Aufsteller im Eingangsbereich des Marktes wollte sie Rezepte und OTC-Bestellungen einsammeln, die die Kunden zusammen mit einem ausgefüllten Bestellschein in einen Umschlag stecken und in den angebrachten Briefkasten werfen konnten.

Der Briefkasten wurde von Angestellten der Apotheke montags bis freitags regelmäßig geleert. Im Stadtgebiet lieferte Boje-Petzokat die bestellten Arzneimittel versandkostenfrei durch Boten der Apotheke aus. Für Zustellungen außerhalb des Stadtgebietes beauftragt sie einen externen Dienstleister, wobei für den Kunden Versandkosten anfielen. Die Apothekerin verfügt seit Dezember 2006 über eine Versanderlaubnis.

Die Aufsichtsbehörde hatte das Konstrukt als nicht genehmigte Rezeptsammelstelle in einem Gewerbebetrieb bewertet und den Betrieb untersagt. Im April 2020 entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dass Apotheken mit Versandhandelserlaubnis Bestellungen in ihrem lokalen Umfeld auch mit dem eigenen Botendienst beliefern dürfen. Der Betrieb einer Rezeptsammelstelle in einem Supermarkt ist damit als eine Spielart des Versandhandels zulässig. Da die Anzahl der Papierrezepte durch die Einführung des E-Rezepts zurückging, wurden die Rezeptboxen im vergangenen Herbst von der Apothekerin abgebaut.

E-Rezept verdrängt Sammelstellen

Papierrezepte gehören immer mehr der Vergangenheit an und auch ausgedruckte E-Rezept-Token gibt es nur von wenigen Praxen – die meisten nutzten die Möglichkeit, die verordneten Arzneimittel per elektronischer Gesundheitskarte (eGK) einzulösen. Nur ungern werfen Kundinnen und Kunden ihre eGK in eine Rezeptbox. Mit der Einführung von CardLink dürften Rezeptsammelstellen weiter unattraktiv werden und vom Markt verschwinden – stattdessen werden E-Rezept-Terminals in Supermärkten aufgebaut.

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