Maschinelle Verblisterung

Pharmazieräte nehmen Blister-Apotheken ins Visier

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Apotheker, die sich einen Blisterautomaten angeschafft haben und für ihre Patienten in Eigenregie verblistern, sollen künftig bundesweit anhand strengerer Kriterien überprüft werden - zumindest nach Plänen der Pharmazieräte. Ein Leitlinien-Entwurf, der den Inspektoren künftig ihre Arbeit erleichtern soll, steht bereits. Das Papier ist etwa vier Monate alt, im Februar könnte es endgültig beschlossen werden. Der Grundgedanke: Medikamente, die in Apotheken maschinell verblistert werden, müssen die gleiche Qualität, Sicherheit und Unbedenklichkeit vorweisen wie jene, die in Blisterzentren abgepackt werden.

Rund ein Dutzend deutsche Blisterzentren arbeiten als Dienstleister für Apotheken. Sie benötigen eine Herstellungserlaubnis und müssen Vorschriften zu Reinräumen ebenso wie die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung und die GMP-Richtlinien einhalten. Geschätzte 130 Apotheken verblistern dagegen mit einem Automaten in ihren eigenen Räumen. Eine Herstellungserlaubnis benötigen sie nur, wenn sie Kollegen mit Blistern beliefern - sonst bildet die Apothekenbetriebsordnung die gesetzliche Grundlage.

Bislang gibt es keine einheitlichen Vorgaben, nach denen Pharmazieräte solche Apotheken überprüfen. Untersucht werden in der Regel Hygienemaßnahmen, Maschinensauberkeit sowie die Dokumentation von Patientendaten. Die Inspektion ist Teil der üblichen Apothekenkontrollen, für die knapp 80 hauptamtliche und bis zu 1000 ehrenamtliche Pharmazieräte - von den Ländern berufene Apotheker - zuständig sind. Die Abstände der Inspektionen variieren je nach Bundesland zwischen zwei und vier Jahren, teilweise sind sie von den Ergebnissen der letzten Überprüfung abhängig.

Wird nun die angestrebte Leitlinie beschlossen, ist sie als sogenanntes „Aide-Mémoire“ für die Pharmazieräte zwar rechtlich unverbindlich. Doch Dr. Klaus Zeitler, Mitglied der Projektgruppe des Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesens (AATB), rechnet trotzdem mit einem erheblichen Mehraufwand für Pharmazeuten: „Auf die Apotheken wird eine größere Dokumentationspflicht zukommen“, sagte Zeitler gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Der Entwurf legt Anforderungen an Räumlichkeiten, Personal und die Konstruktion der Automaten fest. Anweisungen für den Umgang mit dem Blisterautomaten sowie für Reinigungs- und Hygienemaßnahmen müssen schriftlich festgehalten werden. Ebenfalls dokumentiert werden sollen die einzelnen Verblisterungen sowie Pläne für den Fall eines Rückrufs.

Herzstück des Entwurfs sind individuelle Risikoanalysen: Anhand von Qualitäts- und Stabilitätsuntersuchungen sollen die Apotheken im Vorfeld festlegen, welche Medikamente überhaupt verblistert werden können. Hierbei sind die Wirk- und Hilfsstoffe der verwendeten Fertigarzneimittel sowie ihre Darreichungsformen zu beachten. Außerdem müssen Luftfeuchtigkeit, Licht, Temperatur und Folienmaterial sowie mitverblisterte Medikamente berücksichtigt werden.

Die Apotheker sollen so eine individuelle Negativliste mit Medikamenten erstellen, die gar nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen verblistert werden dürfen. Diese Sicherheitsmaßnahmen, zum Beispiel Lichtschutz für Vorratsbehälter und Blisterfolien, müssen ebenfalls festgelegt und dokumentiert werden.

Dass jede Apotheke diesen Aufwand betreiben muss und nicht auf Daten der Hersteller zurückgreifen kann, ist für die Pharmazieräte nur konsequent: Schließlich variierten Faktoren wie Lüftungssysteme oder verwendete Folien von Apotheke zu Apotheke. „Die Apotheken stehen vor dem Problem, belegen zu müssen, dass die Ent- und Verblisterung im Einzelfall unproblematisch ist“, sagte Dr. Andreas Schieweck, Mitglied der AATB-Projektgruppe, gegenüber APOTHEKE ADHOC. Aus den Unterlagen der Hersteller gehe nicht hervor, in welchem Maß Kreuzkontaminationen und Stäube vermieden werden.

Maschinelles Verblistern in Apotheken sehen die Pharmazieräte eher kritisch. Ihr Fazit: „Derzeit erscheint die manuelle Verblisterung unter der bisher unzureichend gelösten Problematik der Kreuzkontamination die bessere Alternative für den Apothekenbereich.“

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