Kleingeldaktion

Rx: Apotheken dürfen nicht abrunden

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Berlin -

Die Stadt Kleve will 1- und 2-Cent-Münzen verbannen. Einkaufssummen sollen auf volle fünf Cent auf- oder abgerundet werden. Doch bei den Apotheken in der Stadt ist die Skepsis groß: Die Apothekerkammer hat inzwischen klargestellt, dass Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel, Zuzahlungen und die Rezeptgebühr nicht gerundet werden dürfen. Lediglich bei OTC-Arzneimitteln und der Freiwahl haben die Apotheken Spielraum.

Die Aktion kommt vom Klever City Netzwerk (KCN), in dem sich rund 160 Einzelhändler zusammengeschlossen haben. Hintergrund sind die steigenden Kosten aus der Bargeldbearbeitung: Für das Beschaffen von Münzrollen fielen einerseits zwischen 30 und 50 Cent an, andererseits müssten Händler auch für das Einzahlen der Münzen Gebühren zahlen. Die Klever Händler blicken deshalb in die Niederlande: Dort werde seit elf Jahren auf- und abgerundet. „Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Rundungsdifferenzen am Ende wieder ausgleichen“, so das KCN.

Deshalb setzt man in der Stadt seit Anfang Februar auf das sogenannte Schwedische Rundungs-Modell: 1 und 2 Cent werden auf den Zehner abgerundet, 3 und 4 Cent auf den Fünfer aufgerundet. Bei 6 und 7 Cent wird abgerundet, bei 8 und 9 Cent aufgerundet. Die 1- und 2-Cent-Münzen bleiben weiter gesetzliches Zahlungsmittel und die Teilnahme ist freiwillig. „Aber wenn alles nach Plan läuft, dann werden wir die Münzen mit der Zeit so oder so vergessen“, erwartet das KCN.

Das Netzwerk hatte im Vorfeld mehr als 800 Händler in Kleve angeschrieben – rund 70 Geschäfte machen mit. Bei den Apotheken in der Stadt ist die Stimmung verhalten: „Wir würden gern mitmachen, denn wir wollen auch keine 1- und 2-Cent-Münzen mehr haben – aber sobald Zuzahlung oder Rezeptgebühr anfallen, dürfen wir nicht“, sagt Silke Hans, Leiterin der Markt-Apotheke.

Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hatte sich bereits Ende Januar an die Apotheker des Kreises gewandt und klargestellt: Aus der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ergebe sich für die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und Medikamenten zulasten der Krankenkassen ein „verbindlicher centgenauer Apothekenabgabepreis“.

Es sei zwingend, den exakten Kaufpreis abzurechnen. Das gelte auch für die Rezeptgebühr und Zuzahlungen aufgrund von Festbetragsregelungen. Aus Sicht der AKNR besteht daher „kein Spielraum für eine Auf- oder Abrundung“. Lediglich bei dem nicht preisgebundenen Sortiment wäre ein Runden möglich.

Hans wollte sich auf einen solchen Kompromiss nicht einlassen. Die Inhaberin der Markt-Apotheke sorgt sich auch um die Haltung des Klevener Finanzamts: „Da muss sonst immer alles centgenau stimmen, sonst muss man die Abweichungen begründen. Und jetzt soll das egal sein?“ Das kann sie nicht glauben.

Auch andere Apotheken machen bei der Aktion nicht mit. Eine Inhaberin, die namentlich nicht genannt werden will, berichtet: „Die Kunden wollen das Wechselgeld haben.“ Sie wollten centgenau bezahlen und auch centgenau ihr Geld zurück bekommen.

Henrik Scholten nutzt dagegen den Spielraum: In seiner Marien-Apotheke werden OTC- und Freiwahleinkäufe gerundet. Sobald ein Einkauf aber verschreibungspflichtige Medikamente enthält, ist Schluss. Dann wird centgenau abgerechnet. Das sei zwar mit Erklärungen verbunden – das sei die Aktion aber insgesamt. Aus Scholtens Sicht läuft die Aktion dennoch gut: „Ich habe nur positives Feedback erhalten“, sagt er.

Scholten sieht das Finanzamt nicht als Problem, auch wenn er dazu keine Informationen bekommen habe. „Ich habe im Vorfeld dazu einen Steuerberater gefragt, dieser sieht unser Vorgehen diesbezüglich unkritisch“, sagt Scholten. Da sich Auf- und Abrundungen ausgleichen sollten, erwartet er nur geringe Differenzen, wie sie bereits heute durch Wechselfehler oder ähnliches vorkämen und im Kassenbuch ausgewiesen würden. „Unsere Erfahrung aus den ersten Tagen ist, dass wir keine anderen Differenzen haben als zuvor.“

Beate Steinberg beteiligt sich mit ihren drei Apotheken nicht an der Aktion. Sie hat die Sache vor einiger Zeit schon selbst in die Hand genommen und zumindest die OTC- und Freiwahlpreise so angepasst, dass keine unrunden Centbeträge mehr entstehen. Außerdem hat sie ein Glas für gespendete Cent-Stücke aufgestellt.

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