DDG-Rezepturtipps

Glukose: Keine Pulver-Briefchen für Frauenärzte

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Berlin -

Mit dem Accu Chec Dextrose O.G-T. Saft ist das letzte Fertigarzneimittel, das zur Diagnose eines Schwangerschaftsdiabetes genutzt werden konnte, vom Markt verschwunden. Nun können nur noch rezepturmäßig hergestellte Varianten verwendet werden. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft äußert sich in einem aktuellen Positionspapier zu den möglichen Alternativen.

Roche stellt den Vertrieb der Accu-Chek Dextrose O.G.T. Lösung ein. Im Laufe dieses Jahres werden die Restmengen abverkauft. Zukünftig wird die Versorgung über die rezeptur- und defekturmäßige Herstellung über die Apotheke erfolgen. Die DDG widmet sich in einem aktuellen Positionspapier der Thematik der patientenindividuellen Herstellung auch mit Blick auf den Todesfall aus dem vergangenen Jahr. Hier hatte eine Verwechslung der Aussgangsstoffe dazu geführt, dass eine Schwangere hohe Mengen des Lokalanästhetikums Lidocain zu sich genommen hatte. Die damals 28 Jahre alte Frau hatte im September 2019 in der Praxis ihres Gynäkologen eine Glukosemischung aus einer Kölner Apotheke getrunken. Sie wurde daraufhin bewusstlos, kam ins Krankenhaus und starb dort ebenso wie ihr durch Notkaiserschnitt zur Welt gebrachtes Kind.

Im aktuellen Positionspapier verweist die DDG darauf, dass weder in der Leitlinie zum Gestationsdiabetes von DDG und Deutscher Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DDDG) noch in den Mutterschafts-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) konkret auf die Details der Herstellung der beim oralen Glukose-Toleranztest (oGTT) zu verwendenden Glukoselösung eingegangen wird. Vor rund acht Jahren wurde das Screening auf Gestationsdiabetes verpflichtend bei der Betreuung jeder Schwangeren in die Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen. Mit Wegfall des letzten Fertigarzneimittels will die DDG auf die möglichen Risiken einer rezepturmäßigen Herstellung hinweisen und gibt Empfehlungen.

Keine Pulver-Abfüllungen

In der Praxis zeige sich, dass häufig lediglich Pulverbeutel an die Arztpraxen geliefert werden, die dann vor Ort in Leitungswasser aufgelöst und von der Schwangeren getrunken werden. Im Positionspapier heißt es: „Schon im Jahr 2019 hat die DDG in einer Pressemitteilung von dieser Praxis ausdrücklich abgeraten, weil sie ein Risiko für Ungenauigkeiten und Verunreinigungen birgt und so zu falschen Testergebnissen führen kann.“ Folgende Punkte werden bei dieser Abfüllung als potentielles Risiko erachtet:

  • Verwechslung von Glukose und Glukose-Monohydrat
  • Einhaltung der Wassertemperatur in Hinblick auf die Löslichkeit
  • Exakt abgemessene Wassermenge
  • Zeitdruck in der Praxis bei der frischen Zubereitung
  • mangelnde Hygiene/ kein eigenständiger Herstellbereich

Im Positionspapier wird auch darauf hingewiesen, dass behandelnde Ärzte dafür haften, wenn Probleme bei den in der Praxis hergestellten Glukoselösungen auftreten. Hier greift das Produkthaftungsgesetz. Deshalb fordert die DDG, dass in den Arztpraxen nur qualitätsgesicherte Lösungen angewendet werden sollen.

Empfohlen wird die Herstellung nach NRF 13.8. „Glukose-Lösung 250 mg/ml für oGTT“. Die Herstellvorschrift wurde neu ins NRF aufgenommen. Bei der Herstellung muss beachtet werden, dass 27,5 g Glukose-Monohydrat eingesetzt werden. Diese Menge entspricht 25 g reiner Glukose. Für 75 g Glukose insgesamt müssen 328,2 g Lösung hergestellt werden. 100 Milliliter entsprechen somit 109,4 Gramm. Als Laufzeit sind sechs Monate in der Braunglasflasche festgelegt. Bei der Auswahl des Wirkstoffes können sowohl wasserfreie Glukose als auch Glukose-Monohydrat verwendet werden. Gleiches gilt für das Säuerungsmittel Citronensäure. Auch hier kann Citronensäure-Monohydrat eingesetzt werden. Der Rezeptar muss auf die jeweilige Äquivalenzdosis achten.

Die Rezeptur setzt sich wie folgt zusammen:

  • Glukose-Monohydrat 27,5 g
  • Natriumbenzoat 0,177 g
  • Citronensäure 0,229 g
  • Gereinigtes Wasser ad 109,4 g

Abschließend fordert die DDG, dass die Kosten für die Glukoselösung vollständig von den Krankenkassen übernommen werden. „In Anbetracht der häufigen Durchführung des oGTT und dessen Bedeutung für die Patienten, sollten die Krankenkassen die Kosten für die vorgeschlagene Fertiglösung übernehmen, idealerweise sollte es eine bundeseinheitliche Regelung zur Erstattung durch alle Krankenkassen geben.“

 

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