G20-Gipfel

Kliniken bunkern Arzneimittel für den Notfall

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Berlin -

Wegen des G20-Gipfels der wichtigsten Staats- und Regierungschefs befindet sich Hamburg im Ausnahmezustand. Das sorgt für enorme Sicherheitsprobleme: Gullydeckel wurden zugeschweißt, Sicherheitszonen eingerichtet, Parkhäuser gesperrt. 15.000 Polizisten riegeln die Hansestadt ab. Betroffen sind auch Apotheken und die Arzneimittelversorgung in Krankenhäusern. Die Kliniken in der Innenstadt haben deshalb erhebliche Arzneimittelvorräte angelegt.

Schon seit Wochenbeginn läuft in den beiden Asklepios-Kliniken in der Hamburger Innenstadt der Notfallplan. Die Häuser des Konzerns stellen rund 40 Prozent der Betten in der Hansestadt. Weil die Belieferung ab Freitag wegen der Absperrungen schwierig werden könnte, wurden in den letzten Tagen die Arzneimittelvorräte aufgestockt: „Wir verfügen jetzt über 50 Prozent mehr Arzneimittel als normalerweise in diesen Häusern“, so ein Kliniksprecher. Üblicherweise werden die Asklepios Klinik St. Georg und Altona von der zum Verbund gehörenden Zentralapotheke Nord täglich beliefert. Das geht jetzt nicht mehr.

Auch wegen der angekündigten Demonstration gegen das G20-Treffen haben die Kliniken ihr Lager für Notfallmedikamente aufgestockt. Blutkonserven, Infusionen, Schmerzmittel und Antibiotika wurden gebunkert. „Die Kliniken sind für alle Eventualitäten gut vorbereitet“, so ein Sprecher. Schließlich übe man regelmäßig Notfallsituationen mit Masseneinlieferungen von Verletzten.

Auch das Klinikpersonal muss G20-Sonderschichten schieben. In den beiden Asklepios-Kliniken wurde eine komplette Station freigehalten. Dort können bei Bedarf Ärzte, Pflegepersonal und andere übernachten. „Wir wissen nicht genau, was auf die Stadt und auf die Inanspruchnahme der Krankenhäuser zukommt, wenngleich Erfahrungen aus anderen Großdemonstrationen durchaus übertragbar sind", räumt die Gesundheitsbehörde ein.

Die Innenstadtkliniken wurden laut Ärzte-Zeitung von der Gesundheitsbehörde angehalten, ihr medizinisches Personal zum Gipfel deutlich aufzustocken oder in Spezialabteilungen zumindest in Rufbereitschaft zu halten. Je nach Standort könnten zusätzliche Ärzte und Pfleger im Ernstfall sonst nicht schnell genug in der Klinik sein, weil die Straßen nicht frei sind. Es könnte möglicherweise schwieriger werden, zusätzlich benötigtes Krankenhauspersonal im Fall eines Falles kurzfristig vor Ort zu bekommen, fürchtet die Gesundheitsbehörde. Die Asklepios Kliniken etwa ordneten eine doppelte Schichtbesetzung an.

Bereits am Freitagabend spitzt sich die Sicherheitslage auch für die Elbphilharmonie Apotheke von Christoph Rechni zu. Dort findet zwar nicht der Gipfel statt. Aber weil der neue Hamburger Konzertsaal so schön klingt, wollen die Staatschefs auf Einladung von Angela Merkel dort am Abend ein Konzert und ein Dinner genießen. Seit Wochen erfordert der geplante Konzertbesuch massive Sicherheitsvorkehrungen: „Schon vor drei Wochen wurden die Einzelhändler der Hafencity zu einer Versammlung gebeten“, erzählt Rechni, „dort wurde uns alles erklärt.“

„Am Freitag wird die Hafencity ab 6 Uhr morgens abgeriegelt“, so der Apotheker, und zur Sicherheitszone 2 erklärt. Beton-Poller werden aufgestellt gegen Lkw-Sprengstoffanschläge. Es wird ein sogenannter Hamburger Zaun um das beliebte Touristenviertel gezogen, um Demonstranten fern zu halten. „Hinein kommen nur noch angemeldete Besucher“, so Rechni. Der Apotheker muss den Sicherheitsbehörden eine namentliche Liste übergeben: Seine Mitarbeiter müssen dort aufgeführt sein und die Fahrer des Großhändlers. Alle, die das Viertel betreten wollen, müssen sich mit einem gültigen Personalausweis ausweisen können, sonst geht nichts.

Und ab 12 Uhr mittags dürfen keine Fahrzeuge mehr über 3,5 Tonnen in die Hafencity einfahren. Für Anwohner und Ladeninhaber ist ab Mittag nur noch die Ausfahrt erlaubt. Die Sperren dauern bis voraussichtlich Mitternacht: „Wenn die Staatschefs wieder weg sind, soll die Hafencity rasch wieder geöffnet werden“, berichtet Rechni.

In den letzten beiden Tagen laufen die Geschäfte der Apotheke schon deutlich schlechter als gewöhnlich: „Die Touristen kommen hier nicht mehr ins Viertel rein“, so Rechni. Ab 13 Uhr will er am Freitag daher seine Apotheke schließen. Dafür hat die Behörde eine Sondergenehmigung erteilt.

Rechni findet, dass es für den Umsatzverlust an diesem Tag wenigstens eine kleine Entschädigung geben sollte. Er hat gehört, dass den betroffenen Einzelhändlern ein Freiticket für einen Museumsbesuch angeboten werden soll. „Besser wäre eine Karte für die Elbphilharmonie“, findet Rechni. Der Konzertsaal ist nämlich auf lange Zeit ausgebucht – nur für die Staatschefs gibt es eine Sonderbehandlung.

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