19 Euro für 100 Pen-Nadeln, 15,56 Euro pro Monat für aufsaugende Inkontinenzhilfen – zu den Konditionen müssen Leistungserbringer liefern, wenn sie Versicherte der IKK classic mit Hilfsmitteln versorgen wollen. Dass zu den Beträgen nicht wirtschaftlich versorgt werden kann, haben die Apothekerverbände deutlich gemacht. Ein neuer Vertrag kam nicht zustande. Apotheken sollen dem Vertrag dennoch beitreten: Mit E-Mails versucht die IKK classic derzeit, einzelne Apotheken umzustimmen. Die sollten genau hinsehen, warnen Verbände.
„Diese Mail wird automatisch versendet – sollten Sie dem Vertrag schon beigetreten sein, Ihre Unterlagen in MIP hochgeladen oder per Mail an uns gesandt haben – ignorieren Sie diese Mail bitte!“, startet die Mail in roten kursiven Lettern. Dann wird darauf hingewiesen, dass der Deutsche Apothekerverband (DAV) den Hilfsmittelversorgungvertrag zum 31. Dezember 2023 gekündigt habe und die letzte Weitergeltungsfrist zum 30. Juni ausgelaufen sei. Was die Kasse verschweigt – die IKK classic selbst hat sich für eine Beendigung der Weitergeltungsvereinbarung entschieden.
„Um die weitere Versorgung unserer Versicherten zu gewährleisten, wurde zum 1. Juli 2025 ein Vertrag über apothekenübliche Hilfsmittel der Produktgruppen 01-99 LEGS 19 99 388 mit anderen Leistungserbringern geschlossen“, so die Kasse weiter und gibt an, mit dem Bundesverband Deutscher Apotheker (BVDA) einen fast gleichlautenden Vertrag zum 1. Juli über apothekenübliche Hilfsmittel vereinbart zu haben. Ausnahmen: Weil Apotheken Nahrung über den Arzneimittelvertrag versorgen können und Kiefer-Muskeltrainer keine apothekenüblichen Hilfsmittel sind, wurden die Positionen im Vertrag mit dem BVDA nicht berücksichtigt. Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Produktgruppen:
Der Leistungserbringer hat sicherzustellen, dass die Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistungsvoraussetzungen von der IKK classic oder einem von ihr Bevollmächtigten jederzeit zu den üblichen Geschäftszeiten überprüft werden kann. Zudem dürfen Leistungserbringer die Erbringung von Leistungen nach dem Vertrag grundsätzlich nicht ablehnen.
Versorgt wird innerhalb von 28 Kalendertagen nach Ausstellung der Verordnung. Liegt ein Entlassrezept vor, muss die Versorgung grundsätzlich innerhalb von sieben Tagen aufgenommen werden.
Leistungserbringer müssen die Versicherten über den Anspruch auf eine mehrkostenfreie Versorgung aufklären und Versorgungen ohne Mehrkosten in einer hinreichenden Auswahl anbieten. „Bei der Versorgung ist den Wünschen des Versicherten Rechnung zu tragen, soweit die Versorgung angemessen ist und das Maß des medizinisch Notwendigen nicht übersteigt. Zwischen mehreren gleichermaßen geeigneten und wirtschaftlichen Hilfsmitteln haben die Versicherten die Wahl.“
Die Durchführung der Beratung zu den Mehrkosten sowie die Erklärung des Versicherten zu einer mehrkostenpflichtigen Versorgung und deren Höhe sind schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren und durch Unterschrift bestätigen zu lassen. Hierzu findet die Anlage 30 Anwendung. Die Doku ist der Kasse auf Anforderung unverzüglich zu übermitteln.
„Der Empfang jeder Leistung ist durch den Versicherten unter Angabe des Datums schriftlich oder elektronisch durch Unterschrift zu bestätigen.“ Somit ist es nicht gestattet, dass beispielsweise Angehörige den Empfang quittieren. Mehr noch, der bürokratische Aufwand ist hoch, denn Leistungserbringer müssen für jede/n versorgte/n Versicherte:n in geeigneter Weise eine Dokumentation führen, aus der alle Leistungsdaten ersichtlich sind. Die Unterlagen sind entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen zu archivieren und der IKK classic auf deren Verlangen zu übersenden.
Wurde keine Vertragspreise vereinbart, kann die Kasse sich entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot bei mehreren Leistungserbringern nach den Kosten für das ärztlich verordnete Hilfsmittel erkundigen. Sollte es daraufhin (mit Einverständnis des Versicherten) zu einer Versorgung des Versicherten durch einen anderen Leistungserbringer kommen, so hat der zunächst angefragte Leistungserbringer die Verordnung unverzüglich an den Versicherten zurückzugeben.
Kostenvoranschläge sind als elektronischer Kostenvoranschlag (eKV) bei der IKK classic einzureichen. In Papierform werden Kostenvoranschläge nur in Ausnahmefällen akzeptiert. Außerdem wird dann ein Verwaltungskostenabschlag von bis zu 5 Prozent der Kosten des Hilfsmittels erhoben.
Abgerechnet wird regelmäßig monatlich nach Ablauf des Monats, in dem die Leistung erbracht wurde. Leistungen, für die die Unterschrift des Leistungsberechtigten, dessen Beauftragten oder gesetzlichen Vertreters fehlt, werden nicht vergütet.
Außerdem behält sich die Kasse das Recht vor, auch bei erteilter Genehmigung zu kürzen, wenn Unstimmigkeiten im Rahmen der Abrechnung auftreten. Beanstandungen müssen binnen zwölf Monaten nach Eingang der vollständigen Rechnungsunterlagen schriftlich geltend gemacht werden.
Den Vertrag hat die IKK classic der Mail an die „langjährigenVertragspartner“ angehängt, um auch weiterhin die Versicherten versorgen zu können. „Beigefügte Verträge für apothekenübliche Hilfsmittel enthalten alle Hilfsmittel, welche von einer Apotheke ohne Präqualifizierung abgegeben werden können“, heißt es und weiter: „Sie können selbst entscheiden, welche dieser Produktgruppen Sie abgeben möchten.“
Ein Beitritt für einzelne oder alle Versorgungsbereiche sei ganz einfach und problemlos über den Online-Vertragsmanager der Kasse möglich, und zwar über die Zugangsdaten oder eine kostenlose Registrierung im MIP-Hilfsmittel-Management der Firma Medicomp.
„Wir freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit“, schließt die Mail.