Mehrkosten trotz Rabattvertrag

Rabattarzneimittel: Patient muss doppelt zahlen

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Berlin -

Dass Patienten bei Rabattarzneimitteln mitunter eine Zuzahlung leisten müssen, ist schlimm genug. Versicherte der DAK-Gesundheit werden bei einem Augenpräparat obendrein noch mit einer Aufzahlung zur Kasse gebeten.

Die DAK hat einen Rabattvertrag für Taflotan sine. Zwar gibt es zahlreiche Reimporte, die Kasse hat den Zuschlag aber an den Originalhersteller Santen vergeben. Den Nachteil haben die Versicherten, denn bei der Großpackung à 90 Einzeldosen wird neben der Zuzahlung von 6,66 Euro zusätzlich eine Aufzahlung von 11,04 Euro fällig. Diese gibt es zumindest bei Kohlpharma nicht.

Doppelt ärglich wird die Sache aber deswegen, weil auch Betriebskrankenkassen einen Rabattvertrag für das Präparat mit Santen haben, hier aber keine Aufzahlung für die Versicherten anfällt. Denn hier wurde ein sogenannter Mehrkostenverzicht erklärt; in der Apotheke muss also nur die Zuzahlung geleistet werden.

„Der Hersteller hat für Taflotan sine 90 ED eine Preiserhöhung vorgenommen“, erklärt ein Sprecher der DAK. „Die Mehrkosten müssen deshalb leider momentan von den Versicherten übernommen werden. Wir haben uns jedoch bereits erfolgreich um eine Lösung bemüht, sodass ab 1. Dezember keine Mehrkosten abseits der gesetzlichen Zuzahlung für unsere Versicherten mehr anfallen.“

Immer wieder wird kritisiert, dass Versicherte bei Rabattverträgen überhaupt eine Eigenbeteiligung leisten müssen, noch dazu auf Basis des Listenpreises, der für die Kasse in diesem Fall gar keine Relevanz hat. Zuletzt hatte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) auf Durchzug gestellt und die Klage eines Versicherten, der ein zuzahlungsfreies Arzneimittel ohne Rabattvertrag erhalten wollte, abgewiesen. Apotheker Jörn Graé brachte im Zusammenhang mit der geplanten Apothekenreform eine Streichung der Zuzahlung für Rabattarzneimittel ins Spiel.

Noch schlimmer ist es natürlich, wenn Versicherte dann auch noch – wie im aktuellen Fall – eine Aufzahlung leisten sollen. Denn diese entsteht nur dann, wenn der hinterlegte Abgabepreis den Festbetrag übersteigt – was durch Rabattvereinbarungen faktisch und auch rechtlich ausgeschlossen sein sollte. Denn die Kasse sollte schon wegen des Wirtschaftlichkeitsgebots keine Verträge schließen, die einen Preis über Festbetrag zur Folge haben, der ja vom GKV-Spitzenverband und damit ebenfalls von den Kassen selbst festgesetzt wird.

Laut Rahmenvertrag haben Rabattverträge zwar Vorrang; gleichzeitig sind die Apotheken aber verpflichtet, im importrelevanten Markt bevorzugt aufzahlungsfreie Fertigarzneimittel abzugeben. „Überschreitet der Abgabepreis sämtlicher zur Auswahl stehenden Fertigarzneimittel den Festbetrag, ist ein Fertigarzneimittel mit einer möglichst geringen Aufzahlung für den Versicherten auszuwählen“, heißt es dort.

So sind die Kassen sogar angehalten, immer dann auf Mehrkosten zu verzichten, wenn wegen eines Engpasses auf ein anderes Nichtrabattarzneimittel ausgewichen werden muss. Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hatte Mehrkosten bereits 2022 offen kritisiert: In einem Brief an alle Krankenkassen sowie das Bundesgesundheitsministerium (BMG), die Aufsichtsbehörden der Länder und den GKV-Spitzenverband macht die Behörde ihrem Ärger Luft. „Sofern der Versicherte in der Apotheke bei der vorgenannten Fallkonstellation mit Mehrkosten belastet wird, handelt es sich um ein Systemversagen“, so das BAS. Schließlich erfolge die Abgabe des Arzneimittels über dem Festbetrag nicht etwa auf Wunsch der Versicherten, sondern nur wegen der Lieferschwierigkeiten – und diese lägen nicht im Verantwortungsbereich der Versicherten.

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