Inhaber kritisiert Entwurf zum MedCanG

Cannabis-Versandverbot: „Mir droht Insolvenz“

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Berlin -

Der Bezug von medizinischem Cannabis soll erheblich eingeschränkt werden. Für Apotheken besonders relevant ist das von der Bundesregierung geplante Versandverbot. Denn immer mehr Inhaberinnen und Inhaber bauen sich mit der Versorgung von Cannabis-Patienten ein weiteres Standbein auf – ein Apotheker warnt vor der anvisierten Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG). Leidtragende wären nicht nur Patientinnen und Patienten, auch den Apotheken könne es finanziell erheblich schaden.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will mit einem Referentenentwurf der Behandlung von Cannabis-Patientinnen und -Patienten etwa im Rahmen der Videosprechstunde einen Riegel vorschieben. Der Entwurf zur Änderung des MedCanG sieht den persönlichen Kontakt zwischen einer Ärztin oder einem Arzt und der Patientin oder dem Patienten vor – bei Folgeverordnungen ein Treffen innerhalb der letzten vier Quartale.

Außerdem soll der Versandhandel für Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken an Endverbraucher:innen ausgeschlossen werden. „Das Inverkehrbringen von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken im Wege des Versandes wird damit strafbewehrt“, heißt es in dem Entwurf. Apotheker Florian Sedlmeier bietet seit August 2023 medizinisches Cannabis an, seit Dezember über einen eigenen Online-Shop, zwei Angestellte im Team kümmern sich um die Bearbeitung. „Das würde bei entsprechend schneller Rechtsprechung nicht nur Patienten gefährden, sondern meine Apotheke, da ich viel Ware vorhalten muss, die teils nicht mehr zurückgegeben werden kann“, sagt er.

Der Inhaber der St. Martins-Apotheke in Ampfing sieht – im Falle einer Umsetzung – einen hohen wirtschaftlichen Schaden auf sich zukommen. Dieser sei nur mit einer Insolvenz der beiden Apotheken abwendbar. Das Vorhaben bringe Nachteile für Apotheken mit großem Lagerbestand. Der Wert des Lagers liege aktuell bei rund 25.000 Euro. Das Kapital sei gebunden und das Verlustrisiko hoch. „Der eingeschränkte Absatz führt zu finanziellen Verlusten bis hin zur Insolvenz.“

Botendienst ist keine Alternative

Gerade spezialisierte Apotheken seien gefährdet. Denn sie hätten in die Expertise und Infrastruktur investiert. Mit dem geplanten neuen Gesetz würden diese Bemühungen „entwertet“. Umschwenken auf den Botendienst könne er nicht so einfach.

Versorgung nicht nur mit Blüten

„Wir versorgen einen Patienten aus Hamburg, zwar nicht mit Blüten aber mit einem speziellen Extrakt, den sonst nur wenige Apotheken überhaupt anbieten.“

Wegen einem umgezogenen Patienten habe er sich überhaupt erst um die Versandhandelserlaubnis gekümmert. „Er bekommt zwar nur Dronabinol, aber wer weiß ob er nicht mal Blüten benötigt. Alles auf GKV genehmigt wohlgemerkt.“ Es gebe mittlerweile viele Patienten deutschlandweit und einige vor Ort.

Nachteile für Patienten

Die Pläne bergen ihm zufolge auch Nachteile für Patientinnen und Patienten: Der Zugang werde eingeschränkt, da nicht alle Apotheken Medizinalcannabis führen oder „verstehen“. Eine fehlende Expertise und unsachgemäße Beratung durch unerfahrenes Apothekenpersonal gefährde die Therapie. Es würden zudem Versorgungslücken entstehen. „Besonders ländliche und mobilitätseingeschränkte Patient:innen sind betroffen.“ Zudem schütze der Versand Patientinnen und Patienten vor Stigmatisierung und Diskriminierung.

Auch gesundheitspolitisch sieht er Probleme. Die Pläne des BMG seien ein „Widerspruch zur Versorgungsqualität“. Gut funktionierende Versorgungssysteme würden eingeschränkt. Dadurch entstehe eine Gefahr, dass die Betroffenen in den Schwarzmarkt abwanderten. „Wenn legale Wege versagen, steigt die illegale Beschaffung.“

Das BMG müsse die Änderungen überdenken: Ein Verbot der Videosprechstunde und strengere Vorgaben für Ärztinnen und Ärzte seien wichtig, damit sich wirklich keine Leute reinmogeln könnten. „Die zu leicht zu erhaltenen Rezepte seien das und nicht die Apotheken, die ordnungsgemäß beliefern.“

Inhaber begrüßt Versandverbot

Nicht alle Inhaberinnen und Inhaber bewerten die geplante Änderung als Problem. Björn Schittenhelm von der Alamannen-Apotheke Holzgerlingen etwa begrüßt die Pläne. „Also ich bewerte das äußerst positiv für die Vor-Ort-Apotheken. Denn jetzt hat wieder jede Apotheke die Möglichkeit an der Versorgung teilzunehmen.“ Er selbst bietet seit Jahren medizinisches Cannabis an, aber nur lokal. Seit der Legalisierung sei das Geschäft bei ihm rückläufig. „Dass Versandapotheken jetzt jammern, ist ja keine Überraschung.“

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