In der kommenden Woche soll das Kabinett das Gesetz zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsqualifikationen in Heilberufen beschließen. Der Entwurf aus dem Haus von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) betrifft auch die Apotheken.
Eine der wichtigsten Neuregelungen ist die sogenannte partielle Berufsausübung: Personen, die über eine Berufsqualifikation verfügen, die nur teilweise den deutschen Vorgaben entspricht, soll die Ausübung des Berufs in entsprechendem Umfang ermöglicht werden. Dazu wird ihnen eine Erlaubnis zur partiellen Berufsausübung erteilt. Sie dürfen dann nicht die Berufsbezeichnung „Apothekerin“ oder „Apotheker“ führen, sondern nur ihre ursprüngliche Berufsbezeichnung verbunden mit dem Herkunftsstaat. „Die Berufsbezeichnung ist zudem stets mit dem Hinweis auf die Tätigkeit oder die Beschäftigungsstelle zu versehen, in der ihnen die Berufsausübung gestattet ist“, so der Entwurf. „Die Einschränkungen sind erforderlich, damit für die Patientinnen und Patienten erkennbar ist, dass sie von Personen behandelt werden, deren Qualifikation nur zum Teil der deutschen Qualifikation entspricht.“
Die Abda sieht die Idee sehr kritisch und warnt vor „schwerwiegenden systematischen Verwerfungen“: „Ein Verzicht auf diese Regelung wäre aus unserer Sicht insbesondere deswegen möglich, weil potentielle Antragsteller – deren Berufsausbildung denklogisch erhebliche Lücken und Defizite gegenüber der regulären apothekerlichen Ausbildung aufweisen muss – auf andere pharmazeutische Berufe wie zum Beispiel den des pharmazeutisch-technischen Assistenten verwiesen werden könnten und dementsprechend durchaus Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hätten.“
Um welche Apothekenberufe es gehen soll, kann man auch bei der Abda nicht nachvollziehen. Denn die Idee des „partiellen Berufszugangs“ stamme aus dem Bereich der nicht unionsrechtlich harmonisierten Berufe. Es sei also nicht ersichtlich, welche Fallgestaltungen in der Apotheke überhaupt denkbar wären, in denen ein „partieller Berufszugang“ in Frage käme. „Falls es solche geben sollte, erscheint eine konkrete Benennung und Definition durch den Gesetzgeber zum Beispiel als Regelbeispiel erforderlich.“
Das BMG kennt offenbar selbst keine Konstellationen, in denen die neue Regelungen greifen könnte. Vielmehr heißt es auf Nachfrage allgemein: „Mit dem Gesetzentwurf werden unter anderem die rechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung des Artikels 4f der Richtlinie 2005/36/EG hinsichtlich der Möglichkeit einer partiellen Berufserlaubnis für den ärztlichen, zahnärztlichen und pharmazeutischen Beruf geschaffen“, so ein Sprecher.
„Personen, die über eine Berufsqualifikation verfügen, die nur teilweise der deutschen Berufsqualifikation entspricht, muss die Ausübung des Berufs im Umfang dieses Teils ermöglicht werden, indem ihnen eine Erlaubnis zur partiellen Berufsausübung erteilt wird. Sie führen in diesem Fall die Berufsbezeichnung ihres Herkunftsstaats unter Nennung dieses Staats sowie unter Nennung der Tätigkeit und der Beschäftigungsstelle, auf die ihre partielle Berufserlaubnis beschränkt ist. Die Möglichkeit einer partiellen Berufsausübung ist nach geltender EuGH-Rechtsprechung unabhängig von aktuell in der Europäischen Union bestehenden Berufsabschlussmöglichkeiten auch für den ärztlichen, zahnärztlichen sowie zum apothekerlichen Beruf von den Mitgliedstaaten umzusetzen.“
Laut Abda erzeugt die neue Vorschrift „schwerwiegende systematische Verwerfungen“: Denn ein Antrag auf partiellen Berufszugang komme laut EU-Richtlinie erst dann in Betracht, wenn eine vorherige Gleichwertigkeitsprüfung ergeben habe, dass derart wesentliche Unterschiede vorliegen, dass eine komplett neue pharmazeutische Ausbildung durchlaufen werden müsste, um Zugang zum ganzen reglementierten Beruf im Aufnahmemitgliedstaat zu erlangen.
Jedenfalls sei eine Gleichstellung hinsichtlich der „Rechte und Pflichten“ mit denen der Apotheker nicht sachgerecht: „Es handelt sich wie beschrieben um einen Personenkreis mit wesentlich abweichenden Qualifikationen, die ausdrücklich diese Berufsbezeichnung nicht führen dürfen.“ Die Richtlinie sehe ausdrücklich lediglich einen „partiellen Zugang zu einer Berufstätigkeit“, nicht aber eine „partielle Zulassung zu einem Beruf“ vor. „Eine pauschale Gleichstellung hätte voraussichtlich insbesondere auch Konsequenzen für landesrechtlich geregelte Sachverhalte wie z.B. eine Mitgliedschaft in den Apothekerkammern. Eine gesetzliche Regelung muss vielmehr ausschließlich eine auf den absolut notwendigen Kern des partiellen Berufszugangs begrenzte Rechte- und Pflichtenstellung begründen, da es sich bei diesen Personen gerade nicht um Apothekerinnen beziehungsweise Apotheker handelt.“
Zudem soll § 2 Bundes-Apothekerordnung (BApO) angepasst werden: „Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, eines Vertragsstaats oder eines gleichgestellten Staats sind, dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden.“
Ein Verzicht auf diese Regelung wäre aus unserer Sicht insbesondere deswegen möglich, weil potentielle Antragsteller – deren Berufsausbildung denk- logisch erhebliche Lücken und Defizite gegenüber der regulären apothekerlichen Ausbildung aufweisen muss – auf andere pharmazeutische Berufe wie z.B. den des pharmazeutisch-tech- nischen Assistenten verwiesen werden könnten und dementsprechend durchaus Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hätten.
Außerdem sollen Personen, die im Ausland studiert, aber die pharmazeutische Ausbildung noch nicht praktisch abgeschlossen haben, ermöglicht werden, hierzulande pharmazeutische Tätigkeiten auszuüben, allerdings nicht eigenverantwortlich, sondern beispielsweise unter Aufsicht.
Zwar sollen die Voraussetzungen zur Erteilung der pharmazeutischen Approbation unverändert bleiben. Allerdings kann die Gleichwertigkeitsprüfung der pharmazeutischen Ausbildung zugunsten eines direkten Einstiegs in die Kenntnisprüfung entfallen. Damit müssen Abschlüsse aus so genannten Drittstaaten nicht mehr aufwendigen Einzelprüfungen unterzogen werden. Stattdessen werden die Fachkenntnisse direkt geprüft.
Außerdem müssen alle nicht-deutschsprachigen Apotheker:innen im Rahmen einer Fachsprachenprüfung die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen, um die deutsche Approbation zu erhalten.
Um einen rechtssicheren Informationsaustausch zwischen den Ländern zu gewährleisten, werden Regelungen eingeführt, die es den Ländern ermöglichen, bei anderen Ländern ab- zufragen, ob dort bereits ein Verfahren auf Erteilung einer Approbation oder einer Erlaubnis zur Berufsausübung anhängig ist.
Geregelt werden auch Fälle, bei denen die pharmazeutische Prüfung endgültig nicht bestanden wurde: Eine Approbation ist dennoch zu erteilen, wenn der Antragsteller stattdessen einen nach der Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennenden Ausbildungsnachweis besitzt. Dies betrifft Fälle, bei denen der Antragsteller in Deutschland die pharmazeutische Prüfung endgültig nicht bestanden, diese dann aber in einem Mitgliedstaat beziehungsweise einem Vertragsstaat oder einem gleichgestellten Staat absolviert hat. Auch Ausbildungsnachweise aus Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz werden anerkannt.
Die geplanten Erleichterungen und Vereinfachungen bei den Anerkennungsverfahrenseien angesichts der notwendigen Sicherung von ärztlichem und pharmazeutischem Personal dringend erforderlich, heißt es im Entwurf. Denn es gehe auch darum, dem Fachkräfteengpass im Gesundheitswesen entgegenzutreten. Das Gesetz beschränkt sich zunächst auf die Berufe Ärztin und Arzt, Zahnärztin und Zahnarzt, Apothekerin und Apotheker sowie Hebamme und wird durch Regelungen in den jeweiligen Approbationsordnungen beziehungsweise in der Studien- und Prüfungsverordnung ergänzt, die zeitnah in einem eigenen Verordnungsgebungsverfahren folgen.
Mit den Änderungen würden die rechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung des Artikels 4f der Richtlinie 2005/36/EG hinsichtlich der Möglichkeit einer partiellen Berufserlaubnis für den ärztlichen, zahnärztlichen und pharmazeutischen Beruf geschaffen. „Die Einführung des partiellen Zugangs zum ärztlichen, zahnärztlichen sowie zum pharmazeutischen Beruf ist aufgrund eines Vertragsverletzungsverfahrens zeitnah umzusetzen.“
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