APOTHEKE ADHOC Umfrage

Keine Rezeptur, keine Gnade

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Berlin -

Rezepturen sind nicht unbedingt beliebt bei Apothekern, denn in der Regel sind sie ein Zuschussgeschäft. Wer eine Anfertigung verweigert, sollte aber nicht auf Gnade seiner Kollegen hoffen: Wer sich drücke, müsse mit Konsequenzen rechnen, finden 81 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC. Nur wenige Leserinnen und Leser haben Verständnis.

Das Landgericht Berlin (LG) hatte eine einstweilige Verfügung gegen einen Apotheker erlassen, der Kunden einfach weggeschickt hatte. Ein Mitbewerber hatte seinen Kollegen abgemahnt und war schließlich vor Gericht gezogen. Dieses Vorgehen finden 59 Prozent der Teilnehmer der Umfrage richtig: Alle Apotheken seien zur Rezeptur verpflichtet.

Weitere 22 Prozent gaben an, Abmahnungen seien der falsche Weg: Verstöße sollten nur durch die Kammern geahndet werden. 9 Prozent fürchten, dass wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen zu einer Abmahnwelle führen könnten.

Nur 10 Prozent sehen in der Verweigerung einer Rezepturanfertigung ein Kavaliersdelikt, das schließlich jeder schon gemacht habe. 2 Prozent hatten keine Meinung. An der Umfrage nahmen am 3. und 4. August 251 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

Der Apotheker hatte zu seiner Rechtfertigung vorgebracht, sein Kollege habe in gleicher Weise gehandelt. Da von seinen eigenen Verstößen jedoch die Interessen Dritter und der Allgemeinheit berührt seien, spielte das für das LG keine Rolle.

Ob die Sache damit erledigt ist, oder die beiden Apotheker in einem Hauptsacheverfahren weiter um die Rezepturen streiten werden, ist bislang nicht bekannt. Bemerkenswert an der einstweiligen Verfügung ist, dass das LG eine Rezepturverweigerung als Verstoß anerkannt hat, der auch wettbewerbsrechtlich zu ahnden ist. Demnach können Apotheker Kollegen abmahnen, die es sich allzu einfach machen.

Die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) hat in einem groß angelegten Test bewiesen, dass das Problem kein Einzelfall ist. Die Kammer hatte im vergangenen Jahr Testkäufe in insgesamt 1065 Apotheken durchgeführt. 94 davon verweigerte die Anfertigung der Rezeptur ganz, das sind knapp 9 Prozent. Von den restlichen 971 Apotheken bestanden 831 (85,6 Prozent) die Anforderungen an die Herstellung einer Rezeptur, 140 Apotheken (14,4 Prozent) dagegen nicht.

Verlangt wurde die Herstellung einfacher Rezepturen. Diese wurden auf Identität, Gehalt und Homogenität geprüft. Bei der Wirkstoffverteilung wurde eine relative Abweichung von bis zu 5 Prozent vom Mittelwert akzeptiert. Die Kammer hat bereits angekündigt, erneut Testkäufe in Apotheken durchzuführen. Andere Kammern sind zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, halten sich aber mit einer öffentlichen Kommentierung zurück.

Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Dr. Andreas Kiefer, hatte berufsrechtliche Konsequenzen für zwei Vor-Ort- und sieben Versandapothekenapotheken angekündigt, die gegenüber Testkäufern von Stiftung Warentest die Anfertigung einer Rezeptur verweigert hatten.

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